Lank-Latum: König kämpft auf falscher Seite

Bernd Bikowski wechselte für das 400-jährige Jubiläum seiner Freischar Latum die Fronten.

Lank-Latum. Vor mehr als 400 Jahren verteidigte die Lanker Schützenbruderschaft am Kaldenberg die Fronleichnamsprozession gegen die Söldner des protestantischen Grafen von Neuenahr und Moers. Die Lanker Schützen haben dieses Ereignis nie vergessen und bewahren die Tradition in einem Rollenspiel.

Über 600 Schützen, 160 Musiker und unzählige Zuschauer drängen sich am Sonntagmorgen dicht an dicht auf dem bunt geschmückten Alten Markt im Zentrum Lanks. Durch die Mitte des Platzes zieht sich eine schmale Gasse, die die Schützen für die Protagonisten des traditionellen Rollenspiels, der Fehdeansage, frei gelassen haben. Am Ende dieser Gasse steht der Lanker Schützenkönig Bernd II. Bikowski mit den höchsten Vertretern des Lanker Schützenwesens und städtischer Prominenz.

Für den König spielen Musikgruppen auf, Fahnenschwenker zeigen ihr Können. Doch plötzlich erscheint hoch zu Ross der Adjutant der Freischar Latum und bittet für seinen Hauptmann Klaus Stüttgen um eine Audienz beim König.

Bikowski gewährt ihm diese Bitte, doch die Worte des Hauptmanns der Freischar gleichen einer Drohung: "Wenn die Fronleichnamsprozession versucht, den Kaldenberg zu passieren, dann wird das nicht friedlich ablaufen." König Bikowski, der bis zum Königsschuss selbst Mitglied der Freischar war, lässt sich jedoch nicht einschüchtern. Er werde von seinen Plänen keinen Abstand nehmen und die Fronleichnamsprozession verteidigen.

Für jede kriegerische Aufgabe scheint Bikowski gewappnet zu sein und schickt mit den Bravehearts Latum und den LankerFreischützen gleich zwei seiner Kompanien in den Kampf.

Für das Lanker Schützenwesen ist das ein eher ungewohntes Bild. Jedes Jahr schlüpfen die Lanker Freischärler in die Rollen der Soldaten des protestantischen Grafen von Neuenahr und Moers und kämpfen gegen die Kompanie des amtierenden Schützenkönigs. Da König Bikowski jedoch bis zum Königsschuss selbst Mitglied der 40 Mann starken Freischar war, muss er nun mit anderen Getreuen gegen seine ehemalige Kompanie in den fiktiven Krieg ziehen.

Die Kampfmoral der Freischar ist durch die besondere Situation eher noch gestiegen. Am Kaldenberg hat die Truppe hohe, fast unüberwindbare Barrikaden aufgebaut und sich mit Brennnesseln bewaffnet. Die Schützenprozession muss gestoppt werden. So entführen die Freischärler auch noch die Kutsche von Finanzminister Michael Gesse und nehmen ihn gefangen.

Um 15.30 Uhr wird es dann ernst an der Mittelstraße. Nach einem kurzen, traditionell aber fruchtlosen Wortgeplänkel zwischen General Mika Grubert und Hauptmann Klaus Stüttgen zeigt sich Seine Majestät mit den Ministern in den ungewohnten Schottenröcken der Bravehearts.

Schallendes Gelächter der Freischärler ("Ihr Mädchen") stachelt die stolzen Kämpfer nur noch mehr an. Nach der Vorhut - die Jüngsten der Kompanie, ausgestattet mit Wassergewehren - versuchen die Barvehearts es ein letztes Mal im Guten und trinken mit den Rebellen und einem Gläschen Whisky scheinbar Bruderschaft. Als schließlich auch diese Taktik die Gegenwehr der Aufständischen nicht erlahmen lässt, kommt es zum Kampf - auf Biegen und Brechen.

Unterstützt von Rauchbomben und einem Rammbock stürmen die Königstreuen die erste Barrikade. Der Widerstand ist zunächst noch groß, doch als die erste Hecke gefallen ist, hat einmal mehr das letzte Stündchen der Freischar geschlagen. Schützenkönig Bikowski ist letztlich froh, dass die von ihm in den Kampf geschickten Kompanien gesiegt haben: "Ich wollte dieses Jahr einmal nicht zu den Verlierern gehören", sagt er mit einem Lächeln.

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