Lank: „Viele stehen am Anfang des Wegs“

Selbsthilfe: Seit einem Jahr treffen sich Alkoholkranke und Angehörige zum Austausch.

Lank. Es sind Menschen zwischen Anfang 30 und 70 Jahre, Frauen und Männer, erfolgreiche Berufstätige, Arbeitslose und Rentner, sie leben in Partnerschaften oder alleine und haben ganz unterschiedliche Interessen.

"Viele Menschen haben ein klassisches Trinker-Profil im Kopf. Aber das ist nicht so", sagt Wolf-Christian Daub. Vor knapp einem Jahr hat der Lanker eine Selbsthilfegruppe für alkoholkranke Menschen und deren Angehörige ins Leben gerufen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Die Gruppe lebt.

Dass Alkoholmissbrauch unabhängig von der jecken Jahreszeit immer ein Thema ist, ist selbstverständlich, wird aber auch von Zahlen unterstrichen, die nicht aus dem Sozialministerium, sondern aus dem Buchhandel kommen: die Auflagenhöhe der Autobiographie eines alkoholkranken Arztes, der erfolgreich ein Epilepsie-Mittel gegen seine Sucht eingesetzt hat. "Der Bedarf an Informationen und der Wunsch nach Hilfe ist groß", sagt Daub.

Seine Initiative zur Selbsthilfe ist angekommen: E-Mails und Anrufe erreichen ihn regelmäßig, ein fester Kern von etwa zehn Teilnehmern versammelt sich allwöchentlich in einem Tagungsraum in der Kreuzkirche. Ein idealer, weil anonymer Standort.

Hier treffen sich Alkoholabhängige, die aufgrund ihres hohen Leidensdrucks trocken werden wollen, ebenso wie Menschen, die unschlüssig sind, ob sie abhängig sind oder ob sie aufhören wollen. "Es gibt die Hausfrau, die abends zwei Gläser Wein trinkt, ebenso wie die heftigen Fälle, die schon Rückfälle erlebt haben", erzählt Daub.

Und es gibt auch denjenigen, der freiwillig auf Alkohol verzichtet und diese Fähigkeit als eine Frage der Charakterstärke versteht. "Es ist eine sehr ertragreiche Gruppe", sagt Wolf-Christian Daub. "Und es sind viele, die noch am Anfang ihres Weges stehen."

Dessen Ziel hat sich nicht verändert. "Ich will das Positive zeigen. Ich will Wege in eine besseres Leben aufzeigen und dass das auch ohne Alkohol schön sein kann", betont Daub, der selbst seit etwa neun Jahren trocken ist.

Die Vorteile des abstinenten Lebens liegen auf der Hand, sagt Daub nicht ohne ein Lächeln: kein Stress mit dem Partner, kein schlechtes Gewissen, keine Lügen, kein Versteckspiel, weniger Ängste ("zumindest nach einer gewissen Zeit"), eine höhere Lebensqualität ("auch wenn es zu Beginn nicht so ersichtlich ist"), keine Entzugserscheinungen mehr und der trockene Trinker sei relativ schnell wieder relativ fit. "Man ist im Prinzip keine Marionette mehr", sagt Daub, "selbstbestimmt statt fremdbestimmt."

Manchmal sind Krücken dabei hilfreich: So habe sich ein Gruppenteilnehmer ein Jahr Abstinenz verordnet. Das ist jetzt bald geschafft und auch Daub ist gespannt darauf, wie dessen Weg weiter geht. In der Fristsetzung sieht Daub eine Chance: "Für mich war es eine Horrorvorstellung, nie mehr trinken zu dürfen."

Die Lanker Selbsthilfegruppe ist relativ jung, weit entfernt von dem üblichen Schnitt der 50plus-Mitglieder. Das liegt vielleucht auch an Wolf-Christian Daub, Ende 30 und mit einer Punk-Biographie über jeden Verdacht erhaben, mit der Selbsthilfe Lank einen biederen Verein installieren zu wollen.

Er will ein Gesprächsforum schaffen, einen geschützten Rahmen, in dem jeder respektvoll mit dem anderen umgeht. "Hier kann man sich austauschen und findet Zuhörer, die des Themas noch nicht überdrüssig sind", sagt Daub. "Eine Partnerschaft kann das nicht auffangen." Daub hofft, dass Betroffene den Mut fassen, sich Hilfe zu suchen. "Es ist kein Problem, ein Problem mit Alkohol zu haben, sondern nichts dagegen zu tun."

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