Kleinkunst in Lank: Schroth im Stress des Wettbewerbs

Programmgerecht „Grün vor Neid“ steht der Kabarettist auf der Bühne.

Lank. Zu Beginn ist Horst Schroth so, wie man ihn kennt. Hektisch plaudert er drauf los, muss dem Publikum unbedingt von der Testamentseröffnung nach dem Ableben seiner Tante Elsbeth erzählen. Ohne Punkt und Komma monologisiert der Altmeister des Gesellschafts-Kabaretts, während die Stimme sich immer mehr erhebt und der Kopf mit dem schütteren Haar zunehmend die Farbe Hochrot annimmt - Stress, Stress, Stress.

Doch Schroth, inzwischen jenseits der 60, ist ruhiger geworden. Vom Monolog wechselt er alsbald in die Dialogform über, bezieht die Zuschauer in die gewohnt abstrusen Gedankengänge seines Protagonisten, des Unternehmensberaters Nicolas Niehoff, ein, obwohl das Thema des Abends durchaus Stress heraufbeschwört: Es geht um Neid, der ist bekanntlich und gemäß des Programmtitels aber nun mal grün und nicht rot.

Und doch birgt auch diese urdeutsche Emotion reichlich Konfliktpotenzial, auch wenn man ja allgemein sagt, Neid sei die ehrlichste Form der Anerkennung. Aber wenn der Vater des Klassenkameraden zum Kindergeburtstag seines Sprösslings Delphinreiten im hauseigenen Swimmingpool anbietet, kann man den eigenen Filius ja schlecht mit Sackhüpfen und Topfschlagen abspeisen. Also doch wieder Stress.

Schroth rettet sich aus der Situation mit reichlichen Querverweisen, räsoniert ein wenig über Kirche oder den Niedergang der SPD, kommt letztlich aber immer wieder zu dem fiktiv Erlebten des Nicolas Niehoff zurück.

Und genau das macht den Reiz eines Horst Schroth aus: Wenn er von Schwester Renate, Kumpel Frankie oder der "angeheirateten Trümmertussi" Mandy erzählt, die bei der Testamentseröffnung nervtötend herumzetert, schafft es der Wahl-Hamburger auf eine fesselnde und urkomische Art und Weise, seinen Figuren ebenso glaubhafte wie verrückt-geniale Biografien zu verleihen, die reichlich Stoff für hochamüsante Geschichten liefern.

Dennoch: Bei allen Versuchen, sich im Abschweifen von der Realität loszusagen, kommt letztlich doch stets wieder das Thema Neid zum Vorschein. Aber was soll’s. In solchen Momenten zitiert Niehoff/Schroth gerne Dagobert Duck: Mitleid bekommt man geschenkt, aber Neid muss man sich schwer verdienen.

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