Kirchen-Jubiläum in Osterath: Gebäude spiegelt Haltung

Evangelische Gemeinde feiert Kirchen-Jubiläum.

Osterath. 50 Jahre evangelische Kirche in Osterath - das wird am Wochenende an der Alte Poststraße gefeiert und ist wörtlich zu nehmen: Der Kirchenbau hat Jubiläum, nicht etwa die Osterather Gemeinde. Die ist fünf Jahre jünger, hat sich erst 1965 von der Krefelder Gemeinschaft abgenabelt.

Auch wenn sie unterschiedlichen Alters sind, ist die Geschichte des Kirchbaus eng mit der Gemeindeentwicklung verbunden. Diese wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Vertriebenen. Ende der 1940er Jahre zählte Osterath 850 Evangelische. Die brauchten Platz - und fanden ihn bis 1960 in einer alten Wehrmachtsbaracke. Auf Weideland des Ploeneshofs wurde dann gebaut und 1960 die neue evangelische Kirche eingeweiht.

Schlicht war sie und mit 28 000 Mark etwa so teuer wie drei Einfamilienhäuschen. Der Sparkurs gelang auch, weil man günstige Betonträger aus der Industriearchitektur einsetzte - die das Gotteshaus allerdings höher in den Himmel ragen ließen, als ursprünglich geplant.

Es entstand ein sakraler Bau mit Kreuz, einem Podium mit Altar, Kanzel, Taufbecken und Kirchenbänken, die die Gemeindemitglieder spendeten. Auch deshalb waren die Konflikte groß, als das Haus in den 70er Jahren umgebaut wurde. Nicht ein Gotteshaus, sondern ein Gemeindezentrum war jetzt gewünscht: Die festen Kirchenbänke verschwanden, der Kirchenraum zum Gemeindezentrum geöffnet, beide Bereiche mit grünem Teppich ausgelegt.

"Den vermissen manche heute noch", sagt Wolrad Rube, Sprecher des Osterather Presbyteriums, schmunzelnd. Im Rund saßen die Gläubigen auf 180Stühlen - die Jüngeren auch auf dem Boden - um den Altar, der nun an der Seite platziert war. Die Architektur betonte das Miteinander.

Vor zehn Jahren vollzog sich die Wende zurück: Das wieder erstarkte Bedürfnis nach einem sakralen Raum führte dazu, dass die Kirche gedreht wurde. Ein gläserner Altar und auf ihm ein Kreuz stehen nun an der Stirnseite, die dunkle Mauer ist einer hellen Apsis gewichen und auch die Eingangstür ist gläsern. Himmlisch hellblau sitzt das Dach über dem sakralen Kirchraum, der sich jedoch nach wie vor zum Gemeindezentrum öffnen lässt.

Auch diese Neugestaltung war umstritten: "Die Apsis statt des Kreuzes, die moderne Altarfläche aus Glasbausteinen und auch das Taufbecken - das ist für viele gewöhnungsbedürftig", sagt Birgit Schniewind. Sie ist seit 1996 Pfarrerin in der Osterather Gemeinde. Seit April dieses Jahres wird sie von Gerhard Saß unterstützt.

3182 Mitglieder zählt die Gemeinde, die Schniewind als "offen, lebendig und einladend" beschreibt. Ein Beispiel dafür sind die Kunstausstellungen in der Apsis. Immer haben die Arbeiten einen Bezug zum Glauben. "Die Apsis zieht auch Fremde an", sagt Wolrad Rube. "Es entsteht eine ganz neue Vernetzung."

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