Enkeltrick aus Scham oft nicht angezeigt

Die Polizei gibt Ratschläge, wie man sich in Verdachtsfällen verhalten soll.

Enkeltrick aus Scham oft nicht angezeigt
Foto: Archiv

Merbusch. Das Telefon klingelt. „Rate mal, wer hier spricht“, heißt es auf der anderen Seite der Leitung. Angeblich soll es der Enkel sein. Egal, wer: Der Anrufer gaukelt vor, sich in einer Notlage zu befinden. Er benötige dringend Geld, sagt er — und nennt einen hohen Betrag. Ihm gehe es so schlecht, dass er nicht selbst vorbeikommen könne, um das Bare abzuholen. Deswegen schicke er einen lieben Freund. Nach wie vor fallen viele auf diese Masche, die sich Enkeltrick nennt, herein. Sie öffnen die Tür und händigen die Summe aus. Erst später stellen sie fest, dass sie Betrügern aufgesessen sind.

Allein in Meerbusch hat es im ersten Halbjahr 2014 zwölf Fälle von Enkeltrick-Betrug gegeben. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es neun solcher Betrugsfälle. „Wir gehen insgesamt von einer hohen Dunkelziffer aus“, sagt die Polizeisprecherin im Rhein-Kreis Neuss, Daniela Dässel. Häufig schämten sich Opfer, dass sie auf Betrüger hereingefallen sind und brächten die Tat nicht zur Anzeige. „Eine solche Haltung ist aber völlig falsch“, erklärt Dässel. Sie ermuntert Opfer, in jedem Fall die Polizei zu kontaktieren. Je mehr den Ermittlern mitgeteilt wird, desto besser seien die Chancen, den Tätern auf die Spur zu kommen und ihnen das Handwerk zu legen. Die Polizei rät zu einem gesunden Misstrauen am Telefon. Das gilt vor allem dann, wenn jemand nicht von sich aus seinen Namen sagt. Sobald ein Gesprächspartner, dessen Identität nicht eindeutig ist, Geld fordert, sollten Angerufene auflegen. Wer im Zweifel ist, ob eine nahestehende Person in Nöten ist, sollte die Person unter der bisher bekannten Nummer anrufen und nachfragen. Über familiäre oder finanzielle Verhältnisse sollten Angerufene gegenüber Unbekannten nichts sagen. Und: Geld sollte man ihnen schon gar nicht geben.

Auch mit dem „Zetteltrick“ versuchen Betrüger mitunter, Beute zu machen. Sie klingeln an der Wohnungs- oder Haustür und geben vor, bei Nachbarn einen Umschlag abgeben zu wollen, aber niemanden erreicht zu haben. Deswegen möchten sie eingelassen werden, um dort einen Zettel für den Empfänger zu schreiben. Sind sie erst in der Wohnung oder im Haus, nutzen sie einen unbeobachteten Moment — und stehlen Wertgegenstände.

„Fünf solcher Fälle hat es im ersten Halbjahr von 2013 in Meerbusch gegeben“, sagt Dässel. Zwischen Januar und Ende Juni 2014 ist kein Fall zur Anzeige gebracht worden .„Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass niemand mehr auf Zetteltrick-Betrüger hereinfällt.“ Ein Unbekannter, der an der Tür nach einem Zettel fragt, sollte nie in die eigenen vier Wände gelassen werden, rät die Polizei. Wer keine Sicherheitskette an der Tür hat, sollte durch die geschlossene Tür sprechen und Stift und Zettel durch einen Spalt nach außen reichen. Auch wegen eines vermeintlichen gesundheitlichen Notfalls sollte niemand in die Wohnung gelassen werden. Ein Glas Wasser, das angeblich dringend benötigt wird, kann durch einen Türspalt gereicht werden. Bei geschlossener Tür kann man selbst einen Notarzt verständigen.

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