Ein Nicht-Theologe auf der Kanzel

Der Intendant des Düsseldorfer Schauspielhauses hielt Gottesdienst.

Ein Nicht-Theologe auf der Kanzel
Foto: Andreas Endermann

Ähnlich wie Musik und Künste zählen auch Predigt und Liturgie zu kulturellen Ausdrucksformen. Ein Beispiel dafür, wie eng sie verbunden sind und wie viele Parallelen es gibt, war am Wochenende zum Gottesdienst am zweiten Sonntag der Passionszeit in der sehr gut besuchten Christuskirche Büderich zu erleben. Anlässlich der Veranstaltungsreihe zum Reformationsjubiläumsjahr stand Wilfried Schulz auf der Kanzel. Als Gastprediger und Nicht-Theologe gab der Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhauses Einblick in seine Gedanken um das Thema Lutherjahr.

Er machte deutlich, dass es ihm nicht um die eine Reformation gehe, „sondern um Reformation ohne Artikel, ohne Bestimmung und vielleicht auch konkreten historischen und religiösen Bezug.“ So kamen auch der Kirchen- und Theaterraum zur Sprache, Überlegungen, was beide Orte durch Rituale oder Empathie verbindet oder auch trennt. Für Wilfried Schulz bedeutet Reformation der Umgang mit Differenzen, der Unterschied zu etwas Bestehendem. Das könne wörtlich „Erneuerung“ oder „Umgestaltung“ bedeuten und stelle zwei Perspektiven auf einen Gegenstand dar. Der Generalintendant umriss einen Vergleich zwischen den Bedürfnissen in einer Evangelischen Gemeinde mit der Kunst. Im Medium Theater sei es üblich, dass Meinungen und Haltungen als Teil des gedanklichen und emotionalen Vergnügens gegeneinander stehen. Ohnehin sei die Kunst nichts für Rechthaber: „Und die Religion sollte es auch nicht sein.“ Schulz erinnerte an den verstorbenen Künstler Christoph Schlingensief, der „das Scheitern als Chance“ proklamierte.

Er ließ auch die großen Herausforderungen einfließen, die das Zusammenleben mit Menschen aus vielen Herkunftsländern mit sich bringt und sprach „unsere Zeit“ an, in der politischer, aber auch religiöser Fundamentalismus blutige Spuren hinterlasse. Und in einem weiteren Vergleich zwischen Theater und Kirche sagte Wilfried Schulz sinngemäß: „Auf der Bühne sprechen Kopf, Herz und Seele gleichzeitig, es betrifft den ganzen Menschen. Und so ist es auch beim Verhältnis zu Gott.“

Pfarrer Wilfried Pahlke zur Bedeutung dieser Predigtreihe mit Gastpredigern aus Kultur, Politik und Wirtschaft: „In der Vielfalt der Interpretationen zeigt sich auch die Vielfalt des Lebens. Die Reformation und ihre Bedeutung werden von unterschiedlichen Seiten betrachtet. Das ist eine Bereicherung.“ Der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Büderich ging auf das „Leben im Zwiespalt“ ein: „Es gibt so viele Gemeinsamkeiten und doch keine Einheit.“

Die Kirchenbesucher hatten nach dem Gottesdienst Gelegenheit, mit Wilfried Schulz ins Gespräch zu kommen.

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