Ein Kraftakt fürs Areal Böhler

Der Standort in Büderichs Süden ist eine Adresse für Gründer ebenso wie Messeveranstalter.

Ein Kraftakt fürs Areal Böhler
Foto: Marc Ingel

Büderich. Der ehemals reine Edelstahlstandort des Konzerns Böhler-Uddeholm in Büderich hat sich gewandelt. Viele der heute rund 850 Jobs auf dem Gelände sind keine „Böhler-Arbeitsplätze“.

Wir sprachen mit Frank Dehorn, dem kaufmännischen Geschäftsführer von Böhler-Uddeholm, der von 2009 bis Ende 2013 als Prokurist der Böhler AG auch für die Liegenschaften verantwortlich war. Eine Bilanz.

WZ: Herr Dehorn, wann und warum hat sich das Unternehmen entschieden, das Gelände in großem Stil zu einem Gewerbepark zu entwickeln?

Dehorn: Die Weichen sind Mitte der 90er Jahre gestellt worden. Es war eine relativ vernünftige Entscheidung, das Areal zu bewirtschaften und durch Mieter finanzieren zu lassen.

WZ: Hat sich diese Erwartung erfüllt?

Dehorn: Die letzten zehn Jahre, bevor ich 2009 die Verantwortung für diesen Bereich übernommen habe, hat man sich eher auf Instandhaltung besonnen. Man wollte keine Vermietung um jeden Preis.

WZ: Was haben Sie verändert?

Dehorn: Als ich übernahm, gab es mehr als 20 Prozent Leerstand. Jetzt liegt die Quote bei zwei Prozent.

WZ: Was war das Rezept?

Dehorn: Ich sehe das Gelände nicht als Industriebrache, sondern als kleine Stadt. Die musste aufgehübscht werden, vor allem strukturell.

WZ: Das heißt konkret?

Dehorn: Wir haben das Gelände als Ganzes gesehen und vermarktet. Der Historie als Edelstahlunternehmen entsprechend sollte das Image handfest sein, verbindliche Abschlüsse per Handschlag standen uns vor Augen. Daraus haben sich der Name — Areal Böhler — und das Marketing entwickelt: Wer A sagt, muss auch B sagen. Es war der erste und wichtigste Ansatz.

WZ: Wie wurde der hohe Grad der Auslastung erreicht?

Dehorn: Die Bindung ist wichtig, der kleine Dienstweg zu den Mietern. Wenn es Probleme oder Fragen gibt, greift man schnell zum Telefon oder trifft sich auf einen Kaffee, um eine Lösung zu finden. Außerdem ist das Netzwerk entscheidend, das man aufbaut. Und es gibt vor Ort einen Rundum-Service bis hin zur Müllentsorgung.

WZ: Folgen Sie bei der Vermarktung einem strengen Konzept?

Dehorn: Nein. Anregungen ergeben sich oft durch Gespräche, und dann muss man auch mal bereit sein, Verrücktheiten zu wagen — in überschaubarem Rahmen. Das ein oder andere lässt sich auf einfachste Art verwirklichen, ohne dass es weh tut.

WZ: Wie beispielsweise als Location für einen Abiball zu dienen?

Dehorn: Ja, beispielsweise, aber auch das Gründerzentrum wurde so geboren.

WZ: Wie kam es dazu?

Dehorn: Die Idee wurde an uns herangetragen, auch von der Meerbuscher Wirtschaftsförderung. Wir hatten ein weitgehend leer stehendes Gebäude mit vielen kleinen Büros und mussten nur kleinere Renovierungen vornehmen. Diesen Raum auf drei Jahre begrenzt zu günstigen Konditionen Startups zur Verfügung zu stellen, war reizvoll, zumal es in Meerbusch kein Gründerzentrum gibt.

WZ: Wo liegt der Gewinn für Böhler?

Dehorn: Die Kosten sind überschaubar, zumal auch ein leer stehendes Haus Kosten verursacht. Wirtschaftlich hat das funktioniert. Und wir setzen darauf, dass Gründer, die sich am Markt durchsetzen, in größere Büros auf unserem Gelände umziehen.

WZ: Funktioniert das Modell?

Dehorn: Bis auf drei kleine Büros sind alle vermietet.

WZ: Regional profiliert sich das Böhler-Areal mittlerweile als Messestandort.

Dehorn: Ja, das wird auch 2014 so sein. Mit der Schmiedehalle, der Halle am Wasserturm, dem Alten Kesselhaus und der Federnfabrik haben wir charmante und interessante Objekte.

WZ: Was reizt die Veranstalter?

Dehorn: Die Atmosphäre und die Infrastruktur sind gut, und sie können zwischen einer Fläche von 8500 und 13 000 Quadratmetern wählen. Wir können das flexibel gestalten.

WZ: Wer kommt 2014?

Dehorn: Im Februar wird beispielsweise die Rheingolf, im Oktober die Neocom hier stattfinden. Die große Hochzeitsmesse Trau dich hat den Standort für fünf Jahre gebucht. Es hat viel Zeit, Energie und Kraft gekostet, das Areal so aufzustellen.

WZ: Sie werden von außen als derjenige wahrgenommen, auf dessen Initiative hin es sein Gesicht gewonnen hat. Seit Jahresbeginn liegt die Verantwortung nun in anderen Händen. Ist damit ein Richtungswechsel verbunden?

Dehorn: Nein, einen Richtungswechsel kann ich nicht bestätigen.

WZ: Der Name Böhler ist eng mit Meerbusch verbunden.

Dehorn: Ja, das ist mir ein Anliegen. Wir bekennen uns zu Meerbusch, pflegen die Kooperation mit Schulen, nehmen an Vorlesetagen in Kitas oder am Mucki-Cup teil. Wir haben die Azubistellen auf 30 verdoppelt und könnten noch mehr schaffen. Wir sind attraktiv — und aus Meerbusch.

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