Der Polizist von nebenan hilft, wo er kann

Bernd Wolters ist als Bezirksdienstbeamter zuständig für Lank-Latum und die Rheingemeinden. Die Aufgaben des in Nierst geborenen „Dorfsheriffs“ sind vielfältig.

Für Bernd Wolters kam nur dieser eine Bezirk in Frage, als es darum ging, wohin ihn seine nächste Position bringt: „Den oder keiner.“ Und so geht der Polizeihauptkommissar nun jeden Tag durch seinen Lieblingsbezirk — rein dienstlich. Denn er ist Bezirksbeamter, auch genannt „der Schupo von der Ecke“ oder einfach nur der Dorfsheriff. Hier fühlt er sich zuhause, weil er hier auch zuhause ist — nicht nur als Vorsitzender des FC Adler Nierst oder als Fußballer der Altherren-Mannschaft des SSV Strümp: In Nierst geboren, in Nierst zur Grundschule gegangen, die Realschule in Büderich absolviert — dann ging’s zur Polizei.

Seine weiteren Stationen: Die Ausbildung absolvierte er in Wuppertal, machte dann Dienst in der Einsatzhundertschaft in Wuppertal und Düsseldorf, später auf der Düsseldorfer Altstadtwache, wurde dann nach Neuss versetzt. Elf Jahre in der Wache Meerbusch, ein Jahr im Kosovo, Leitstelle Neuss, ein Jahr Afghanistan — und jetzt Bezirksdienst mit kleiner Wache mitten in Lank-Latum und viel Fläche drumherum. Die radelt Wolters schon mal ab („Meistens bin ich mit dem Fahrrad schneller bei einem Einsatz als meine Kollegen mit dem Auto“) oder geht auch gerne zu Fuß. „Die Schuhe stellt die Polizeibehörde.“

Der Polizist von nebenan hilft, wo er kann
Foto: Ulli Dackweiler

Das Revier ist 24,2 Quadratkilometer groß und reicht von Nierst, Lank-Latum über Langst-Kierst bis nach Ilverich. Egal, was dort passiert: Bernd Wolters ist als Polizist der erste Ansprechpartner. Sein Aufgabenbereich ist groß und hat meistens mit den Menschen zu tun, die in diesem Revier leben: Wolters ist bei den Schützenfesten ebenso dabei wie beim Karnevalszug, sichert den Schulweg vor allem an den Grundschulen, ist bei Fußballspielen im Einsatz, wenn mit problematischen gegnerischen Fans gerechnet wird, überbringt Haftbefehle, die vollstreckt werden müssen, treibt Ratenzahlungen von säumigen Kunden ein oder kümmert sich auch schon mal um Einbruchsopfer. „Da fragt man einfach mal nach, ob man noch helfen kann.“

Er weiß genau, wo es in den Stadtteilen zu Problemen kommen könnte — ohne dabei gleich über spezielle „Brennpunkte“ in den Dörfern zu reden. Aber Jugendliche treffen sich schon einmal vor dem Lanker Kindergarten St. Stephanus, lassen die Wodkaflasche kreisen, pinkeln in die Ecke oder lassen Glasscherben liegen. „Oder sprühen Graffiti an die Wände“, sagt Wolters und zeigt mit dem Finger auf das neueste Vergehen. Dort steht ein Wort in roter Schrift, das nicht kindertauglich ist und bald entfernt werden soll.

Am Sportplatz an der Pappelallee wird auch immer mal geguckt, ob sich die Jugendlichen ordentlich benehmen. Jugendschutz ist sowieso ein Thema für Wolters und Kollegen — zum Beispiel bei Schützenfesten werde drauf geachtet, dass unter 18-Jährige keinen Alkohol trinken. „Soweit wir das im Blick haben können“, schränkt der 50-jährige Vater einer 16-jährigen Tochter ein. „Wenn die sich irgendwo weiter weg vom Schützenzelt treffen und trinken, können wir auch nichts machen.“

Wenn am Rheinufer große private Grillpartys stattfinden, gucken Polizei und Ordnungsamt von Zeit zu Zeit gemeinsam, ob alle ihren Müll entsorgt haben. Ein Thema sei auch immer mal wieder häusliche Gewalt. Dann kontrolliert Wolters, ob der gewalttätige Ehemann auch wirklich wie angeordnet die vorgeschriebenen zehn Tage nicht in die Familienwohnung zurückkehrt. Den Opfern werden zudem Beratungsangebote vermittelt.

Geht Bernd Wolters zum Beispiel entspannt durch den Ortskern von Lank-Latum, wird er häufiger von Passanten angesprochen. Der eine hat Stress mit seinem Nachbarn, dessen Bäume zu sehr über den Gartenzaun ragen, der andere regt sich über zu schnelle Autos in Tempo-30-Zonen auf. Genau in dem Moment will ein Autofahrer trotz Verbots durch die Fußgängerzone fahren. Wolters hält ihn an und lässt die Erklärung („Wollte nur schnell ein Eis holen“) nicht gelten. Der Bereich sei nur zum Be- und Entladen frei.

Klingt alles nach einem normalen Dienst-Alltag, der mit professioneller Erfahrung, Routine und oftmals im direkten Gespräch schnell geklärt werden kann. Aber es gibt auch Sachen, die selbst einem langgedienten Polizeibeamten unter die Haut gehen. „Als wir in einer Wohnung in Lank einen Mann gefunden haben, der schon seit drei Monaten tot war und die Nachbarn sich wegen des Geruchs bei uns gemeldet haben — das kann ich nicht so schnell vergessen und das macht wirklich sehr betroffen.“

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