Den Winter über in Florida

Ludger Heutmann ist jeden Winter in Florida. Dort hat er vor acht Jahren ein Haus gebaut und jetzt ein Buch geschrieben.

Meerbusch. Als Kind hatte Ludger Heutmann immer den Traum, einmal nach Amerika zu reisen. „Ich hatte Abenteuerromane von Indianern, Cowboys und dem großen Goldrausch verschlungen. In meinem Kopf war ein faszinierendes Bild vom Wilden Westen entstanden.“

Doch es sollte noch einige Jahrzehnte dauern, bis der heute 64-Jährige tatsächlich seinen Fuß auf amerikanischen Boden setzte — 1988 erhielt seine Frau die Einladung einer Tante, die in den 50er Jahren nach Chicago ausgewandert war. Der ersten USA-Reise folgten zahlreiche weitere, Heutmann bereiste mehr als die Hälfte der 50 vereinigten US-Bundesstaaten. Und vor acht Jahren baute er in Florida ein Haus. „Seitdem wohnen wir jedes Jahr mehrere Monate in Lehigh Acres.“

Amerika nennt er „ein Land der unbegrenzten Überraschungen“. Jetzt hat Heutmann, gemeinsam mit der Meerbuscher Journalistin Angelika Kirchholtes, ein Buch über seine amerikanischen Alltagserfahrungen geschrieben. „Das Leben in den USA und Europa kann man einfach nicht vergleichen“, sagt der 64-Jährige. „Während die EU zum Beispiel versucht, den Bedarf an Plastiktüten auf 30 Stück pro Jahr zu senken, brauche ich in Florida nur einmal in den Supermarkt zu gehen und habe 30 Einkaufstüten im Wagen, weil dort alles einzeln abgepackt wird.“

Heutmann schildert in seinem Buch die völlig andere Einstellung der Amerikaner zu Schulden („Wer keine Schulden macht, ist verdächtig und bekommt keine amerikanische Kreditkarte“), die völlig andere Einstellung zu Geschwindigkeiten auf den Highways („Zunächst erschien es uns unglaublich, dass die großen Entfernungen nicht schneller als mit gerade mal 112,6 km/h Höchstgeschwindigkeit zurückgelegt werden. Aber man gewöhnt sich an diese Fahrweise, findet sie nach einer Zeit sogar sehr entspannend“), berichtet über kafkaeske Situationen mit der US-Bürokratie, interessante amerikanische Gerichtsurteile und das Thema Waffen.

Dabei ist das Buch mehr als nur eine Aneinanderreihung von launigen Anekdoten. Thematisch gut sortiert wirft Heutmann in den einzelnen Kapiteln einen wachen europäischen Blick auf den amerikanischen Alltag, lässt sich das ehrliche Staunen, beispielsweise über den Umgang mit der Umwelt beim Lesen nachvollziehen.

Und immer wieder gibt es in dem 140 Seiten starken Buch kleine Fakten-Einschübe mit ergänzenden Erläuterungen: zum Sternenbanner, zur Fastfood-Industrie, zu Thanksgiving, ...

So ist das Buch amüsant und informativ zugleich, enthält viele Tipps für USA-Reisende (zum Beispiel den, dass in den Supermärkten die Waren ohne Mehrwertsteuer ausgezeichnet sind, die aber an der Kasse noch obendrauf gebucht wird). Und auch wenn der 64-Jährige manches kritisch in seiner zweiten Heimat sieht, sagt Heutmann doch: „Ich habe den Hausbau noch keine Sekunde bereut, würde alles wieder genau so machen.“ Nächste Woche starten seine Frau und er erneut nach Florida. Der Winter kann kommen.

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