Betriebe haben Schwierigkeiten, gute Azubis zu finden

Häufig bringen Bewerber nicht die notwendigen Grundvoraussetzungen für eine Ausbildung mit.

Betriebe haben Schwierigkeiten, gute Azubis zu finden
Foto: Ulli Dackweiler

Meerbusch. Seit vielen Wochen ist das aktuelle Ausbildungsjahr schon im Gange. Doch der Meerbuscher Maler- und Lackierermeister Christian Hüsges sucht noch immer händeringend einen Lehrling. Zwar hat er zig Bewerbungen erhalten. „Aber ich habe noch nie so viele schlechte Unterlagen gesehen wie in diesem Jahr“, klagt Hüsges. Vor allem über die Schulzeugnisse der Kandidaten ist er gestolpert, wie er erzählt.

Zwar müsse niemand, der Handwerker werden will, Top-Noten vorweisen. Aber ein „befriedigend“ oder zumindest ein „ausreichend“ in Mathematik wäre schon wünschenswert. Schließlich sind rechnerische Fähigkeiten nicht unwichtig, wenn es um die Kalkulation geht, wie viel Farbe oder Tapete für die Gestaltung eines Objektes nötig ist.

Aber das ist auch nicht der einzige Punkt, an dem es oftmals hakt. Viele junge Leute, die eine Lehrstelle als Maler und Lackierer suchen, nehmen es nach Beobachtung von Hüsges mit dem Pflichtgefühl nicht so genau. „Wenn ich auf einem Zeugnis lese, dass jemand in einem Schuljahr 64 Fehltage hatte und davon 58 Tage unentschuldigt, dann verliere ich jegliches Interesse an einem Bewerber“, betont er.

Neben Tugenden wie Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit fehlt aus Sicht von Hüsges manchen auch ein „einigermaßen seriöses Aussehen“. Das sei aber unabdingbar. Gerade dann, wenn in Privathaushalten gearbeitet wird. „Jemand, der fast überall gepierct ist und noch dazu vier verschiedene Haarfarben hat, wirkt nicht gerade vertrauenserweckend“, findet der Maler- und Lackierermeister. Auch an guten Umgangsformen mangele es häufig bei Kandidaten. Ein freundliches „Guten Tag!“ gegenüber Kundschaft mit dem Zusatz „Ich heiße …“ sei dabei das Mindeste.

Dass manche Azubis mehr oder weniger schwere Defizite haben, streitet der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nicht ab. Doch neu ist das nicht. „Schon Sokrates klagte über die verlotterte Jugend“, sagt der DGB-Kreisvorsitzende für Neuss, Hubert Esser, und lacht. Die Kandidaten, die heutzutage nicht die besten Voraussetzungen als Azubi mitbringen, müssten mehr von ihrem Arbeitgeber gecoacht werden, sagt Esser. Er weiß von Fällen, bei denen junge Leute zunächst kaum für eine Ausbildung geeignet erschienen, sie aber dennoch eine Chance bekamen. „Dank intensiver Anleitung haben sich diese Jugendlichen zu gestandenen Leuten in ihren jeweiligen Berufen entwickelt“, sagt der Gewerkschafter. Aus seiner Sicht bringen die meisten, die einen Ausbildungsplatz suchen, die nötigen Voraussetzungen mit.

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