Abwasser in Meerbusch: „Die Stadt nimmt am Ende keinen Cent mehr ein“

Ortwin Hoffmann ist zurzeit der Mann für alle Fragen rund um die Gebühr.

Meerbusch. "Meine Garageneinfahrt ist gar nicht versiegelt!" Die Dame, die geduldig vor dem Büro in der ersten Etage des Technischen Dezernates in Lank gewartet hatte, schaut Ortwin Hoffmann jetzt eindringlich an. "Da versickert das Regenwasser! Der Bescheid stimmt nicht."

Die Strümperin ist ein typischer Fall für den Berater der Firma WTE Betriebsgesellschaft mbH, die im Auftrag der Stadtverwaltung die gesplittete Abwassergebühr in Meerbusch umsetzt.

Hunderte Meerbuscher haben in den vergangenen zwei Wochen nach dem Versand der Gebühren- und Abgabebescheide telefonisch, per Fax oder persönlich versucht, ihr Anliegen, ihre Beschwerde, ihre Besorgnis oder auch ihre Wut an den Mann zu bringen, der bis Ende Februar ihr Gebühren-Ansprechpartner bei der Stadt ist.

Ortwin Hoffmann ist offenkundig ein gelassener Mensch, auch nach zwei Wochen des intensiven Ansturms. Der ist so groß, dass Verwaltungsmitarbeiter zwischenzeitlich die Telefonnummern aufschreiben und einen Rückruf versprechen und Hoffmanns Kollegen am Firmensitz in Sachsen-Anhalt ihn bei der Abarbeitung der Listen ebenso unterstützen wie die Kollegen auf Zeit in Lank, die anhand seiner Kunden-Daten die beklagten Bescheide kontrollieren.

Denn Hoffmann fungiert als Mittler. Aufmerksam hört er mittlerweile der Dame zu, zu deren Haus eine Zisterne gehört. Ja, die nehme das Regenwasser auf und Nein, sie haben keinen Notüberlauf in den städtischen Kanal. Hoffmann nickt, lädt die Akte auf seinen Laptop, sieht das Kreuzchen, das demnach an der falschen Stelle steht (mit Notüberlauf) und lässt seine Besucherin auf einem zweiten Bildschirm zuschauen, wie er ihre Änderung eingibt.

Am Ende bekommt sie eine Kopie und Hoffmann legt sein Exemplar auf einen Stapel: Der wird später von der Verwaltung bearbeitet. "Wir vertrauen weitgehend den Angaben der Bürger", sagt Stadtsprecher Michael Gorgs.

Manche Besucher, so sagt Hoffmann, seien schockiert über die Höhe der Zahlungen fürs Abwasser, die sie nun leisten sollen. Stärker als die nahezu turnusgemäß beschlossene Gebührenerhöhung, die sich ebenfalls niederschlägt, liegt der Preis-Schock am System: Früher wurde die Abwassergebühr nach dem Frischwasserbezug auf die Schultern verteilt. Wer viel Frischwasser verbrauchte, zahlte hohe Abwassergebühren.

Jetzt werden das Schmutzwasser aus den Haushalten und das Niederschlagswasser, das von versiegelten Flächen in Kanal und Kläranlage strömt, getrennt berechnet. Deshalb zahlt nun auch, wer viel versiegelte Fläche hat. "Wenige Menschen unter einem großen Dach - das wird teurer", bringt Hoffmann die Veränderung auf den Punkt.

Die Aussage kann ein Schürkesfelder nur bestätigen, der über "inflationäre 41Prozent" höhere Kosten auf seinem Grundbesitzabgabenbescheid klagt. Das sei möglich, meint Hoffmann, betont aber: "In der Summe hat die Stadt dadurch keinen Cent mehr eingenommen."

Die Kosten, die bei der Klärung des Wassers entstünden, würden nur verursachergerechter verteilt. Und, gibt er zu Bedenken: "Von dem alten Prinzip haben die profitiert, die wenig Frischwasser verbrauchten."

Bis Ende Februar bleibt der Elektroingenieur und Umwelttechniker in Lank: tagsüber im Büro an der Wittenberger Straße, abends im Hotel. Er komme viel rum in Deutschland, sagt Hoffmann, lässt sich aber nicht darauf festlegen, dass die Meerbuscher ein besonders schwieriges Völkchen seien. Nein, sagt er: "Alles was einen Titel hat und Architekten - das sind die schwierigsten."

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