Altweiber: Jecken haben Narrenfreiheit

Stadtchefs im Kreis mussten sich von ihrer Macht trennen. Die Möhnen gaben ordentlich Gas.

Sturm auf die Rathäuser in Kaarst.

Sturm auf die Rathäuser in Kaarst.

Foto: Büntig/Marek/Staniek

Kaarst/Dormagen. Völlig chancenlos versuchte die Kaarster Stadtspitze mit Bürgermeister Franz-Josef Moormann und Kämmerer Heinz Dieter Vogt, das Rathaus gegen die aufgebrachte Wieverschar zu verteidigen. Schon lange zuvor hatten sie das Gerücht vernommen, dass ein solcher Angriff an einem Donnerstag erfolgen könnte.

Sturm auf die Rathäuser in Kaarst.

Sturm auf die Rathäuser in Kaarst.

Foto: Büntig/Marek/Staniek

Dabei hatte der Tag im Rathaus so schön begonnen. Freunde des Karnevals, Vertreter der Verwaltung und das Prinzenpaar hatten sich im Rathaus versammelt, übten ein vom Bürgermeister gedichtetes Kaarster Liedchen ein und warteten auf die Jungen und Mädchen der Matthias-Claudius-Schule, die ihren Veedelszoch wie immer am Rathaus beenden wollten.

Rathausturm in Grevenbroich.

Rathausturm in Grevenbroich.

Foto: Büntig/Marek/Staniek
Rathaussturm der Möhnen in Kaarst
29 Bilder

Rathaussturm der Möhnen in Kaarst

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Um 11.30 Uhr hatten die kleinen Narren das Rathaus erreicht und erbrachten dem Stadtoberhaupt und ihren Regenten, Prinz Wolfgang I. und seiner Helga I., ihre Ehrerbietung in Form eines flotten Tanzes. Der Stadtchef war guter Dinge, zum Dank regnete es Kamelle.

Rathausturm in Dormagen.

Rathausturm in Dormagen.

Foto: Büntig/Marek/Staniek

Späher hatten unterdessen erste verdächtig vermummte weibliche Gestalten in der Nähe des Rathauses entdeckt. Auf ihren Rat hin zog sich die Verwaltungsspitze ins schützende Innere des Rathauses zurück. Da selbst Regentin Helga I. unter den jecken Wievern auszumachen war, mussten sich die männlichen Machthaber schnell geschlagen geben und den Frauen das Zepter, die Macht und den Generalschlüssel überlassen. Kämmerer Heinz Dieter Vogt wollte noch den letzten Goldtalter in der Stadtkasse retten, doch es half nichts: Auch er war machtlos gegen die Weiberschar.

Ihre Siegesfeier zelebrierten die jecken Wiever dann aber doch gemeinsam mit den geschlagenen Männern, die zum Zeichen ihrer Entmachtung abgeschnittene Krawatten trugen. Die Narrengarde Blau-Gold brachte ihre Hauskapelle, das Trompetercorps Schwarz-Weiß Mönchengladbach, mit. Die Musikgruppe und die Tanzgarden der Narrengarde begeisterten das Publikum, während der entmachtete Bürgermeister gute Miene machte, die Narrenkappe aufsetzte und die Karnevalisten zu Begeisterungsstürmen aufrief: „Düsseldorf hat eine Venetia, Neuss seine Novesia und wir haben unsere Kaarstania! Dreimal Helau!“

Auch auf dem Dormagener Altemaat hatten sich schon weit vor 11 Uhr hunderte Dormagener versammelt, um Zeuge der Machtübergabe zu werden. Pünktlich um 11.11 Uhr war es dann soweit. Schon bevor der Bürgermeister als fleißiges Bienchen — wie übrigens auch Grevenbroichs Stadtchefin Ursula Kwasny — verkleidet den Balkon des Historischen Rathauses betrat, war die Feier auf dem Rathausplatz in vollem Gang.

Die gut gelaunten Jecken sangen und tanzten zu einem tollen Programm auf der Bühne des Paul-Wierich-Platzes. Währenddessen wurde im Trausaal des Historischen Rathauses der traditionelle Prinzenempfang der Stadt gefeiert. Laut jubelten die Jecken, als der Bürgermeister alias „Willy von Dormagen“ den symbolischen Schlüssel der Stadt an das Dormagener Dreigestirn mit Prinz Volker I., Bauer Peter und Jungfrau „Paulina“ übergab.

„Die Mitarbeiter des Rathauses sind schon als fleißige Bienchen unterwegs und freuen sich darauf, den Jecken zu Diensten zu sein“, versprach Hoffmann und meinte: „Das Dreigestirn kann jetzt das machen, was die Politik nicht schafft, nämlich die Dormagener Bürger glücklich machen“. Das ließ sich Prinz Volker I. nicht zweimal sagen. „Mit Spaß und Freude werden wir regieren und keine Zeit verlieren.“

Auch Kinderprinzessin Alina I. (Müsch) nutzte die Gelegenheit, um zu den Jecken zu sprechen. Vor allem den Schülern konnte sie eine „frohe Botschaft“ überbringen: „Freut euch, ihr habt keine Hausaufgaben und dazu noch schulfrei“. Die etwas älteren Jugendlichen ermahnte sie: „Passt auf mit dem Alkohol“.

Auch nach dem offiziellen Termin ging die Party bei Traumwetter auf dem Dormagener Rathausplatz weiter, denn auf der Bühne gaben sich die Tollitäten aus dem gesamten Stadtgebiet die Klinke in die Hand und feierten mit den Jecken.

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