Heveling: „Das Web 2.0 ist bald Geschichte“

Mit webkritischen Äußerungen sorgt der Korschenbroicher CDU-Mann für Spott.

Berlin/Rhein-Kreis Neuss. Um als einfacher Bundestagsabgeordneter aufzufallen, muss man mit besonderen Inhalten von sich reden machen. Das hat der Korschenbroicher CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling jetzt geschafft, auch wenn er sich das vermutlich anders vorgestellt hätte.

Als Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft verfasste Heveling zum neuen US-Urheberrecht einen Gastkommentar mit dem Titel „Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren!“ im Handelsblatt. Seine web-kritischen Aussagen — formuliert in teils missglückten und angreifbaren Sprachbildern wie etwa der Ausdruck von verbrannter Erde — brachten Heveling am Montag nur Häme und Spott ein.

In diesem Kommentar zieht Heveling gegen die „digitalen Horden“ in den Krieg, um, wie er es nennt, im Geiste der französischen Revolution das geistige Eigentum zu verteidigen, das er in Gefahr sieht. Denn „Freiheit, Demokratie und Eigentum hat sich in mühevoller Arbeit aus den Barrikaden der Französischen Revolution herausgeformt“, schreibt er in seinem Artikel.

Den „Clash of Civilizations“ beschwört der Korschenbroicher herauf, allerdings als „Kampf zwischen der schönen neuen digitalen Welt und dem realen Leben“. Das Web 2.0 werde bald Geschichte sein, es stelle sich nur die Frage, wie viel „digitales Blut“ bis dahin vergossen sei.

Heveling befürwortet die US-amerikanischen Gesetzgebungspläne „Sopa“ und „Pipa“ zur Regulierung des Internets, die Gesetzesgegner nennt er „digitale Maoisten“.

Nur kurze Zeit nachdem der Beitrag online war, sprach er sich rasant herum. Die Internetgemeinde bedankte sich für dieses „Eigentor“, an anderer Stelle wurden Hevelings Worte als „Büttenrede“ bezeichnet.

Auf Twitter machten sich zahlreiche Anwender über die Aussagen lustig. Zum Beispiel: „Ansgar Heveling warnt: Wer den Seeweg nach Indien sucht, fällt nur über den Rand der Welt.“

Am Nachmittag erschien auf der Homepage des 39-jährigen Abgeordneten die Mitteilung „Hiermit möchte ich meinen Austritt aus der CDU öffentlich machen“, nachdem sich Hacker Zugriff verschafft hatten. Bis zum Abend konnte die Webseite dann nicht mehr aufgerufen werden. „Bitte sagt mir, dass dieser Beitrag lediglich als Satire verfasst wurde — soviel Realitätsverlust muss doch wehtun“, postete ein anderer Twitter-Nutzer.

Dass Heveling seinen Text ernst nimmt, versicherte am Montag seine Referentin Eva Keldenich: „Das ist ein prononcierter feuilletonistischer Beitrag zur Urheberrecht-Debatte. Herr Heveling steht voll und ganz dahinter. Das ist sein Duktus.“ Heveling selbst war am Montag nicht persönlich erreichbar, inhaltlich sei alles gesagt, so seine Referentin.

Die Junge Union im Rhein-Kreis Neuss distanzierte sich von Hevelings Äußerungen. JU-Chef Florian Merker legte ihm nahe, seinen Platz in der Enquete-Kommission zu räumen: „Das war definitiv der falsche Weg, sich dem Thema Netzpolitik zu nähern. Ich habe den Beitrag mit Enttäuschung wahrgenommen, obwohl ich Heveling eigentlich sehr schätze. Er sollte aus der Kommission zurücktreten“, so Merker. „Ihm war wohl nicht bewusst, mit wem er sich da anlegt.“

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