Grevenbroich: Energie im Wandel - wohin geht die Reise?

Das Regionalforum Erft der IG BCE hatte die Bürgermeister-Kandidaten zur Podiumsdiskussion eingeladen.

Grevenbroich. Arbeitsplätze in der Region sichern und mit anderen Kommunen zusammenarbeiten, das wollen sie alle. Insofern sind sich die sieben Bürgermeisterkandidaten für Grevenbroich und Bedburg einig.

Dennoch gab es für Teilnehmer und Publikum reichlich Zündstoff bei einer Podiumsdiskussion im Alten Schloss. Eingeladen hatte das Regionalforum Erft der IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie), moderiert wurde die Veranstaltung von WZ-Redakteurin Ellen Schröder.

Im Zentrum stand die Diskussion um Braunkohlekraftwerke und alternative Energieträger. Der Termin war passend gewählt: Nur wenige Stunden zuvor hatten Bundeswirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in Niederaußem eine Pilotanlage zur CO2-Wäsche (CCS) eingeweiht - begleitet von Protesten von BUND und Bürgerinitiativen, die einen Stopp der CCS-Technik fordern.

Auch Dirk Gawlinski, als Grevenbroicher Bürgermeisterkandidat der Grünen auf dem Podium, gehört zu den CCS-Kritikern. Er hatte die undankbare Aufgabe, gegenüber dem Publikum - größtenteils IG BCE-Aktive - als einziger Teilnehmer den Ausstieg aus der Braunkohle zu vertreten: "Zur neuen Technik gibt es noch viele offene Fragen. Außerdem ist die Technologie wirtschaftlich unrentabel und bringt uns nicht weg von der Braunkohle."

Mit dem Ziel "Weg von der Braunkohle" besetzte Gawlinski allerdings eine klare Minderheitenmeinung. Kritik kam nicht nur von seinem Mitbewerber Uwe Schmitz (FDP), der von einer "Arbeitsplatzvernichtung" sprach. Auch die Bedburger SPD-Kandidatin Heike Steinhäuser will vorrangig Jobs erhalten: "Aber auf den Kraftwerksbaustellen müssen Löhne gezahlt werden, von denen man auch leben kann."

Rolf Göckmann (UWG) setzt auf eine Symbiose zwischen Stadt und Unternehmen. "Ich glaube, Grevenbroich hat eine ganze Menge für RWE getan. Ich bin sicher, wir werden auch weiterhin gut miteinander auskommen." Die übrigen Teilnehmer haben die Braunkohle ebenfalls fest auf ihrer Rechnung.

Uwe Schmitz kann sich den Bau weiterer Kraftwerke auch nach der BOA 2 & 3 vorstellen. Der Bedburger Bürgermeister Gunnar Koerdt (CDU) rechnet mit einer Kohleverstromung bis 2050 und Thomas Bovermann (FBG) will RWE-Fernwärme für alle Neurather durchsetzen.

Diesen Punkt hat auch SPD-Kandidat Bernhard Pollmeyer auf der Agenda. Nach seiner Vorstellung soll außerdem Frimmersdorf nach Abschaltung des dortigen Kraftwerks bis 2014 Industriestandort bleiben. "RWE wird mit Vorschlägen aufwarten", ist Pollmeyer überzeugt.

Applaus bekam er für sein Bekenntnis zur Braunkohle: "Wir können nicht Gas aus Russland importieren, während die dortigen Kohlekraftwerke die Umwelt viel mehr schädigen als unsere."

Dagegen sieht Gawlinski nur eine Chance, Arbeitsplätze zu sichern: alternative Energiegewinnung. Dazu sollen Technologiefirmen nach Grevenbroich geholt werden, zudem die Zweigstelle einer Fachhochschule, die sich mit innovativen Techniken beschäftigt. "Die Braunkohle hat keine Zukunft, irgendwann sind die Vorräte erschöpft.

Wenn wir die nächsten 50 Jahre weiter auf sie setzen, stehen wir danach dumm da", so Gawlinski. Doch es gelang ihm nicht, das Publikum mit Argumenten für seine Vision einer Region ohne Braunkohle-Industrie zu begeistern. Ganz im Gegenteil, wie die teils hitzigen Wortmeldungen aus dem Saal zeigten.

Auf den Punkt brachte es Ismail Tekin, Betriebsratsvorsitzender im Tagebau Garzweiler. Dort hätten am Montag 58 Azubis ihre Lehre begonnen, so Tekin: "Sie können froh sein, dass die jetzt nicht alle hier sind, sonst würden sie Ihnen schon sagen, was sie davon halten, die ganze Industrie plattzumachen."

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