Autobahnbrücke: Bei 1000 Grad wurde der Spannstahl weich

Statik: Die Konstruktion der Brücke hatte bei der großen Hitzeentwicklung keine Chance.

Dormagen/Düsseldorf. „So etwas habe ich noch nie gesehen, und so etwas möchte ich auch nie wieder sehen.“ Norbert Cleve, Ingenieur beim Landesbetrieb Straßen NRW, war am Donnerstagnachmittag vollkommen bedient. Er hatte sich die zerstörte Brücke der A 57 angeschaut und bekam dabei das Gruseln. Abgeplatzte Betonstücke, verrußte Pfeiler — ein Bild des Schreckens. „Das Feuer hat hier rund 1000 Grad Hitze entwickelt. Das hat die Konstruktion nicht ausgehalten“, sagte Cleve.

Denn das ganze Ausmaß der Verheerung ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Die Brücke ist wie die meisten ihrer Art eine Stahlbetonkonstruktion. Sie stammt aus dem Jahr 1963 und war nach Ansicht von Experten mängelfrei. „Der eingebaute Spannstahl ermöglicht es, dass der Beton unter Druck gesetzt wird. Nur so kann er große Belastungen aushalten“, erklärte Cleve. Doch die brennenden Plastikrohre, bestehend aus dem Kunststoff Polyurethan, haben eine solch immense Hitze entwickelt, dass der Stahl weich wurde. „Und damit ist sofort der Druck weg, die Brücke kann keine hohen Belastungen mehr tragen“, so Cleve.

In solchen Fällen bleibe nur noch der Abriss des 67 Meter langen Bauwerks. Der wird Wochen in Anspruch nehmen.

Das aktuelle Unglück erinnert an die Katastrophe auf der Wiehltalbrücke auf der A 4. Im Jahr 2004 stürzte nach einer Kollision mit einem Pkw ein Tanklaster von der Brücke, 32 000 Liter Sprit gerieten in Brand. Die Stahlkonstruktion erlitt so starke Schäden, dass die Brücke abgerissen wurde.

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