Umfrage Mobbing und Faustschläge - Gewalt gegen Lehrer an jeder zweiten Schule in NRW

Ob Beleidigungen oder körperliche Gewalt - Übergriffe auf Lehrer gibt es laut der Umfrage eines Lehrerverbands an jeder Art von Schule in NRW. Nicht immer sind Schüler die Täter.

 Der Lehrerverband fordert mehr Rückendeckung durch die Schulaufsichten und durch das Schulministerium, um Gewalt gegen Lehrer zu verhindern.

Der Lehrerverband fordert mehr Rückendeckung durch die Schulaufsichten und durch das Schulministerium, um Gewalt gegen Lehrer zu verhindern.

Foto: Maurizio Gambarini

Düsseldorf. Drohen, beleidigen — und dann folgt oft sogar der Faustschlag: An jeder dritten Schule in Nordrhein-Westfalen sind Lehrer in den vergangenen fünf Jahren Opfer von körperlicher Gewalt geworden. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage unter 252 Leitungen aller allgemeinbildenden Schulformen hervor, die der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) am Mittwoch in Düsseldorf vorstellte.

NRW liegt dabei bundesweit an der Spitze: Wenn in NRW 35 Prozent der Schulleitungen von solchen Akten der Gewalt an ihren Schulen sprechen, sind es im Bundesdurchschnitt „nur“ 26 Prozent.

„Die Dunkelziffer wird noch viel größer sein, weil viele Lehrer den Schulleitern Vorfälle nicht melden“, sagte der NRW-Landesvorsitzende Stefan Behlau. Die Formen der Gewalt laut Behlau: „Das fängt mit Schubsen an und geht bis zu tätlichen Angriffen wie Faustschlägen und Tritten.“

Ein Lehrer aus Wuppertal, der seinen Namen nicht genannt wissen will, berichtet dieser Zeitung von Fällen, in denen Gewalt völlig unvermittelt hervortritt: „Heutzutage passiert das immer öfter aus dem Nichts. Die Qualität der Gewalt hat definitiv zugenommen.“

Der Lehrer bemängelt, oft stehe auch die Schulleitung nicht hinter den Lehrern. Über psychische Gewalt gegen Lehrer wie Mobben, Bedrohen und Beschimpfen klagten die Leitungen jeder zweiten Schule.

Hier liegt NRW mit 55 Prozent ebenfalls über dem Bundesdurchschnitt (48 Prozent). Die Gewalt gehe sowohl von Schülern als auch von Eltern aus. Wollen Schulleitungen ihre betroffenen Lehrkräfte unterstützen, seien uneinsichtige Schüler (63 Prozent), aber auch kooperationsunwillige Eltern (59 Prozent) das größte Problem.

Um eine sachliche Diskussion führen zu können und „gefühlten Wahrheiten keinen Platz zu bieten“, seien aber konkretere Statistiken nötig, sagte Behlau. „Der Ton ist in der Gesellschaft insgesamt rauer geworden — dementsprechend auch in den Schulen.“ Der VBE forderte mit der Landesschülervertretung (LSV NRW) mehr Rückendeckung durch die Schulaufsichten und durch das Schulministerium.

Die Landesregierung müsse Personal für eine möglichst flächendeckende Schulsoziarbeit aufstocken. „Der Dienstherr muss endlich Präventivarbeit ermöglichen und bei Gewalt ausnahmslos klare Kante zeigen“, forderte Behlau. Er beklagte, dass nach einer NRW-Initiative der alten NRW-Landesregierung zu diesem Thema im Bundesrat am Ende nur Polizisten und Rettungssanitäter profitiert hätten, nicht aber Lehrer.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer befand am Mittwoch: „Gewalt gegen Lehrkräfte ist kein Berufsrisiko. Jeder Vorfall ist einer zu viel. Hier gibt es keine Toleranz.“ Das Ministerium werde die neuen Daten analysieren und prüfen, ob es zusätzlichen Unterstützungsbedarf gibt“. Gebauer betonte, dass die Schule ein Spiegelbild der Gesellschaft sei. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Wertedebatte. Und diese Debatte muss in ganz Deutschland geführt werden. kup/dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort