Immer mehr Wohnungslose in NRW - die wichtigsten Fakten

Düsseldorf. Die Zahl der Wohnungslosen ist in Nordrhein-Westfalen erneut stark gestiegen. Zum Stichtag 30. Juni 2017 waren in NRW rund 32 300 Personen wohnungslos gemeldet. Das sind beinahe 30 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Eine obdachlose Frau sitzt mit ihrem Schlafsack im Café einer Tagesstätte der Caritas.

Eine obdachlose Frau sitzt mit ihrem Schlafsack im Café einer Tagesstätte der Caritas.

Foto: Marijan Murat

Das geht aus dem aktuellen „Wohnungsnotfall-Bericht“ hervor, den das Sozialministerium jetzt dem Düsseldorfer Landtag zugestellt hat. Bereits von 2015 auf 2016 hatte die Zahl der Wohnungslosen um fast 15 Prozent zugenommen. Der Bericht benennt die Hintergründe.

URSACHEN: Der hohe Anstieg ist demnach vor allem auf die behelfsmäßige Unterbringung vieler anerkannter Asylbewerber in Notunterkünften zurückzuführen. Wegen der angespannten Wohnungsmärkte fänden viele Städte und Gemeinden nicht sofort bezahlbare Räume. 37 Prozent der erwachsenen Wohnungslosen hatten keine deutsche Staatsangehörigkeit (2016: 28,3 Prozent).

LEBEN AUF DER STRAßE: „Niemand muss in Deutschland auf der Straße leben“, betont NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). Die Kommunen seien verpflichtet, Menschen ohne eigene Wohnung zu versorgen. 90,5 Prozent der kommunal untergebrachten Personen lebten in Obdachlosenunterkünften oder ähnlichen Einrichtungen; die übrigen wurden gemäß Ordnungsbehördengesetz über „nicht verantwortliche Personen“ in normale Wohnungen eingewiesen. Von den knapp 13 000 Betroffenen, die von freien Trägern der Wohnungslosenhilfe betreut wurden - etwa dem Paritätischen Wohlfahrtsverband - lebten allerdings 8,5 Prozent auf der Straße.

MINDERJÄHRIGE: Jeder siebte Wohnungslose war zum Stichtag unter 18 Jahre alt - ein Anstieg um 8,3 Prozent gegenüber 2016. Die kommunal betreuten Wohnungslosen - rund 60 Prozent aller Fälle - verteilten sich auf 10 526 Haushalte. Fast 72 Prozent davon waren Alleinstehende ohne Kinder. Der Anteil der Betroffenen mit Kindern ist allerdings seit 2016 von 7,2 auf 10,6 Prozent gestiegen.

GESCHLECHTERQUOTE: Obdachlosigkeit ist vor allem männlich - 2017 traf das auf zwei Drittel aller Fälle zu. Generell fiel der Anteil der Männer mit 74,4 Prozent am höchsten in der Altersgruppe der 25- bis 30-Jährigen aus. Allerdings werden fast 82 Prozent der erwachsenen Wohnungslosen nicht von kommunalen Behörden, sondern freien Trägern untergebracht. Hier ist der Männeranteil in der Gruppe der 65-Jährigen oder Älteren mit über 93 Prozent am höchsten.

BEKANNTE: Anders als bei der institutionalisierten kommunalen Unterbringung, schlüpfen 37 Prozent der Klientel der freien Träger bei Bekannten unter. Vor allem für wohnungslose Frauen hat diese Form große Bedeutung: 43 Prozent von ihnen sind bei den freien Trägern in dieser Kategorie registriert.

WAGENBURG: Die freien Träger helfen zudem mit ambulant betreuten Wohnprojekten oder teilstationären Einrichtungen. Zehn Prozent ihrer Schützlinge nutzten aber nur eine Notunterkunft oder Provisorien wie Gartenlauben, Wohnwagen oder Wagenburgen.

DAUER: Von den ordnungsrechtlich in Normalwohnungen Betreuten war gut die Hälfte zum Stichtag schon mehr als zwei Jahre lang untergebracht; in Obdachlosenunterkünften traf dies auf 41,5 Prozent zu.

REGIONEN: Wohnungslosigkeit ist vor allem ein Problem der Großstädte. Einerseits ist hier der Wohnungsmarkt besonders angespannt, andrerseits gibt es dort vielseitige Hilfen. Während in den kreisfreien Städten im Durchschnitt 27 Wohnungslose je 10 000 Einwohner gezählt wurden (2016: 22), waren es in den Kreisen nur 12 (2016: 9). Die Spanne reicht von zwei Wohnungslosen auf 10 000 Einwohner im Kreis Höxter bis hin zu 80 Wohnungslosen in Düsseldorf.

HILFE: „Obdachlosigkeit ist nach Hunger das schlimmste Merkmal von Armut“, unterstrich Laumann. Das Landeskabinett möchte das Jahresbudget für die Wohnraumförderung um 300 Millionen auf 1,1 Milliarden Euro aufstocken. Das Programm wird finanziert aus Haushaltsmitteln des Bundes, des Landes und aus Darlehensmitteln der NRW.BANK. Die Erhöhung wird möglich, weil sich der Bund mit zusätzlichem Geld beteiligen will. Derzeit läuft nach Angaben des NRW-Bauministeriums noch die Abstimmung mit der landeseigenen NRW.Bank.

STATISTIK: NRW liefert jährlich einen „Wohnungsnotfall-Bericht“. An der Erhebung haben sich 99 Prozent der 396 Kommunen und rund 94 Prozent aller 390 Einrichtungen der freien Wohnungslosenhilfe beteiligt. Nicht berücksichtigt werden „Personen, die in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben“ oder an keiner Hilfsstelle „in Erscheinung treten“.

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