Essener Tafel nimmt nur noch Deutsche

Die Essener Tafel nimmt schon seit Januar dieses Jahres nur noch Bedürftige mit deutschem Pass neu in ihre Kartei auf. Tafeln aus der Region distanzierten sich von dem Vorgehen in Essen.

Die Essener Tafel nimmt vorerst nur Neukunden auf, die einen deutschen Pass besitzen.

Die Essener Tafel nimmt vorerst nur Neukunden auf, die einen deutschen Pass besitzen.

Foto: Caroline Seidel, Karl-Josef Hildenbrand /Montage:jp

Düsseldorf. Die Essener Tafel nimmt schon seit Januar dieses Jahres nur noch Bedürftige mit deutschem Pass neu in ihre Kartei auf. Grund sei, dass der Anteil der Migranten zuletzt auf drei Viertel gestiegen sei, sagte am Donnerstag der Essener Vereinsvorsitzende Jörg Sartor. Gegenüber der „WAZ“ gab er an, In den vergangenen zwei Jahren hätten sich ältere Tafel-Nutzerinnen und alleinerziehende Mütter von vielen fremdsprachigen jungen Männern in der Wartschlange abgeschreckt gefühlt. Es habe „Geschubse und Gedrängel ohne Rücksicht auf die Oma in der Schlange“ gegeben, so Sartor. Und: „Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.“ Die Maßnahme gelte so lange, bis die „Waage wieder ausgeglichen“ sei. 75 Prozent der rund 6000 Nutzer seien bei der Essener Tafel derzeit Ausländer. Vor dem starken Zuzug von Migranten 2015 habe der Anteil nur bei 35 Prozent gelegen.

Die Tafel ist eine gemeinnützige Hilfsorganisation, die Lebensmittel vor allem von Discountern vor der Vernichtung bewahrt und sie an Bedürftige verteilt. Die Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen — oder vereinzelt auch einen eigenen Mietvertrag nachweisen. Die Tafeln sind in der Regel hundert Prozent gemeinnützig und über Spenden finanziert, ohne öffentliche Gelder.

Der Landesverband der Tafeln bestätigt den starken Andrang von Migranten. Davon seien alle Tafeln in NRW betroffen, sagte die stellvertretende Vorsitzende Claudia Manousek. Aus Sicht des Landesverbandes gebe es auch durchaus Unmut bei den Bedürftigen. Migranten hätten gelegentlich falsche Erwartungshaltungen. Es gebe Regeln, die schon aus sprachlichen Gründen schwer zu erklären seien.

Tafeln aus unserer Region distanzierten sich am Donnerstag gegenüber dieser Zeitung von dem Vorgehen in Essen. „Das hat es bei uns noch nie gegeben und wird es auch nicht geben“, sagte zum Beispiel Eva Fischer von der Düsseldorfer Tafel. „Für uns zählt allein die Bedürftigkeit, nicht die Herkunft.“ Zur Zeit seien 60 Prozent der rund 8000 Bedürftigen pro Woche in Düsseldorf Menschen mit Migrationshintergrund. Der Fall in Essen sei aber „in keinster Weise repräsentativ. Das ist ein Alleingang“, sagte Fischer. Gerade die Tafeln seien „unkonfessionell und überparteilich, die Herkunft spielt keine Rolle. Das ist Wesen der Tafel“. Auch in Wuppertal habe sich eine „solche Frage überhaupt noch nicht gestellt“, wie eine Mitarbeiterin sagte. Unter den rund 2700 Kunden der Solinger Tafel ist der Ausländer-Anteil gegenüber dem exorbitanten Anstieg aus dem Jahr 2015, als man einen Zwei-Drittel-Ausländeranteil „nach der Devise ,Wir schaffen das’ problemlos gemanagt hat“, wie der 2. Vorsitzende Christoph Zenses mitteilt, wieder zurückgegangen — auf jetzt rund 30 Prozent. Zenses hält den Essener Fall für außergewöhnlich: „Wir können die Maßnahmen nicht nachvollziehen.“

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