"Zornröschen": Hilfe ohne Hemmschwelle

Gegen Missbrauch kämpft Zornröschen und macht seit einigen Monaten gute Erfahrungen mit Online-Beratung.

Mönchengladbach. In den wenigsten Fällen ist es ein Fremder, der ein Kind von der Straße weg entführt und sexuell missbraucht. Ein Verbrechen, das oft tödlich endet und öffentliche Empörung auslöst. Die meisten Übergriffe auf Kinder geschehen im häuslichen Umfeld - in der Familie, im Freudeskreis oder durch Mitarbeiter von Institutionen.

"Und dort glaubt man den Kindern oft nicht, wenn sie solche Vorfälle ansprechen", sagt Reinhild Beermann, Mitarbeiterin von Zornröschen, die am Mittwoch mit ihren Kollegen die neue Anlaufstelle an der Eickener Straße 197 vorstellte.

In den größeren Räumlichkeiten finden nun vier feste Mitarbeiterinnen und eine Praktikantin Platz zum Arbeiten. "Die Hochschule Niederrhein schickt uns regelmäßig ihre Studenten", sagt Brigitte Bialojahn, ebenfalls Mitarbeiterin im Haus, in dem in den vergangenen Jahren zwischen 420 bis 440 Ratsuchende pro Jahr betreut wurden. Zornröschen orientiert sich bei seiner Hilfe an den Bedürfnissen der minderjährigen Klienten.

Neu im Programm ist die Online-Beratung, mit der man vor allem Jugendliche erreicht. "Im vergangenen Jahr kamen nur vier Teenager in die Beratungsstelle, früher waren das mehr", sagt Beermann. Über die Homepage, die 600 Klicks pro Monat verzeichnet, können sich Jugendliche beim Ein-zu-eins-Chat anmelden, der so sicher sei wie Online-Banking. Dann erhalten sie einen Online-Beratungs-Termin.

Petra Mensing, die seit sieben Monaten drei Stunden in der Woche online berät, erlebt, wie im Gegensatz zur persönlichen Beratung die Aufwärmphase bei den Gesprächen entfällt. "Wenn ich im Chat frage: ,Warum bist Du hier?’, werden mir die Gründe schnell genannt."

Diejenigen, die so um Hilfe bitten, kommen aus dem ganzen Bundesgebiet. "Sie suchen im Internet und wenn ihnen unsere Homepage gefällt, melden sie sich an", sagt Monika Schiffer, die als Vorstandsmitglied die Geschäfte des Vereins führt.

Wichtig ist dem Verein auch die Präventionsarbeit. So ist Zornröschen mit dem Projekt "Mönchengladbach macht Mut" Partner des Deutschen Fußball-Bunds im Jahr der Frauen-Fußball-WM. "Das ist integrativ angelegt", sagt Bialojahn, "denn in Migrantenfamilien ist das Tabu noch stärker."

Anstatt sein Angebot weiter ausbauen zu können, fürchtet der Verein finanzielle Engpässe. "Die Spendengelder sind in diesem Jahr drastisch zurückgegangen. Es gab nur 51 000 statt 71 000 Euro, wie sonst jährlich", sagt Schiffers. Wie die Unterstützung durch die Stadt in Zukunft aussehe, sei ebenfalls fraglich.

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