Wahnsinnsfahrt vor Gericht

Weil er zwei Unfälle mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten in Rheydt verursacht haben soll, sitzt Mitte November ein 22-jähriger Schwalmtaler auf der Anklagebank.

Mönchengladbach. Zwei Unfälle, die im März dieses Jahres die Retter und Helfer in Rheydt schockten, werden in diesem Monat das Landgericht Mönchengladbach beschäftigen. Ein 22-Jähriger aus Schwalmtal ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt.

Es geht um den Abend des 23. März. Die Rekonstruktion der Ereignisse durch die Polizei ergab den folgenden mutmaßlichen Ablauf: Zuerst fährt ein Autofahrer auf der Dahlener Straße einen an der Ampel wartenden Rollerfahrer um, gibt weiter Gas und ist weg.

Nur wenige Minuten später scheppert es erneut: An der Kreuzung Stadtwaldstraße/Voosener Straße rast ein Autofahrer bei Rot über die Kreuzung, kracht in einen mit drei älteren Damen besetzten Saab. Zwei der Frauen — zwei Schwestern (73 und 75) — sterben.

Während der Rollerfahrer, der am Straßenrand liegt, sich aufzusetzen versucht und auf Hilfe hofft, sieht er Krankenwagen vorbeirasen. Der 17-Jährige kann nicht wissen, dass es nur wenige hundert Meter weiter um Leben und Tod geht.

Ein Zeuge, der den Autofahrer verfolgt hat, nachdem dieser den jungen Rollerfahrer aus Niederkrüchten angefahren hatte, sieht den zweiten Unfall aus der Entfernung. Nicht aus der Nähe, weil der Unfallverursacher versucht hat, ihn durch halsbrecherische Raserei abzuschütteln. Tatsächlich ist es aber der gleiche Wagen, der in den Saab fährt.

Laut Anklage am Steuer: Der 22-Jährige aus Schwalmtal. Betrunken und bekifft soll R. den ganzen Abend mit drei Freunden unterwegs gewesen sein, die Unfallfahrt ist sein Heimweg. Schon nachmittags sollen die jungen Männer in Schwalmtal aufgefallen sein — weil R. den Wagen mit angezogener Handbremse auf einem Wendehammer herumschleudern ließ und durch ein Wohngebiet raste. Pöbeleien im Kaiser’s-Markt in Hardt, dann auf einem Parkplatz an der Sandradstraße — die Spur der Freunde zieht sich nach Ermittlungen der Polizei durch die ganze Stadt.

Irgendwann zwischendurch sollen in einem Keller Drogen konsumiert worden sein. Einer der Freunde soll dann versucht haben, den Schwalmtaler von der Fahrt nach Hause abzuhalten. Aber der soll trotzdem gefahren sein und die beiden Unfälle verursacht haben.

Mitangeklagt in dem Verfahren, das am 16. November vor dem Landgericht Mönchengladbach beginnt, ist eine Tat, die drei Tage zuvor Schwalmtal in Unruhe versetzt hatte. In einen neuen Kiosk an der Dülkener Straße war ein junger Mann hereingewankt und hatte die Besitzerin bedroht — er wollte Zigaretten haben. Er stieß die Frau zu Boden und wollte auf sie einschlagen, als sie ihn daran hindern wollte, den Laden mit fünf Schachteln zu verlassen.

Dass es sich auch hierbei um den 22-jährigen Schwalmtaler gehandelt haben soll, kam erst nach der „Wahnsinnsfahrt“ heraus. Allein auf diesen Raub steht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, ginge das Gericht von einem minder schweren Fall aus immerhin noch von mindestens sechs Monaten.

Der Kernpunkt der Anklage ist die Körperverletzung mit Todesfolge — hier droht eine Strafe von bis zu fünf Jahren. Bis zu drei Jahren gibt es für die fahrlässige Körperverletzung an dem jungen Rollerfahrer. Der Angeklagte hat ein langes Vorstrafen-Register — zuletzt war er wegen Drogendelikten zu zwei Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden.

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