Wahlkampf an Hochschule vermutet

Eine Professorin, zugleich AfD-Kandidatin, lädt zur Diskussion ein. Parteipolitische Veranstaltungen sind an Hochschulen aber verboten.

Die Diskussionsveranstaltung einer Professorin der Hochschule Niederrhein mit dem Titel „Tod des Rechtsstaats — Gefahr für Freiheit und Demokratie“ hat zahlreiche Proteste ausgelöst. Die Wirtschaftsprüferin und Steuerexpertin Karin Kaiser referiert am 21. September auf dem Gladbacher Campus und will damit Politiker, Richter, Staatsanwälte und Entscheider in den Verwaltungen auffordern, „den Rechtsstaat herzustellen“. Die Richter, schreibt Kaiser in einem begleitenden offenen Brief, seien von den regierenden Parteien abhängig. Den Rechtstaat sieht sie „durch viele Faktoren so weit ausgehöhlt, dass nur noch der Tod des Rechtsstaats festgestellt werden kann“.

Karin Kaiser ist nicht nur Professorin im Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Niederrhein, sondern gleichzeitig Kandidatin der AfD in ihrer Heimat Schleswig-Holstein. Für den dortigen Landesverband tritt sie auf Listenplatz acht an. Dies wird aus der Einladung allerdings nicht ersichtlich, Kaiser schreibt von einer „überparteilichen Veranstaltung“.

Parteipolitische Veranstaltungen an der Hochschule sind nicht erlaubt, sie ist zu politischer Neutralität verpflichtet. Darauf habe die Hochschule in ihrer Genehmigung für die Raumbelegung auch hingewiesen, hieß es gestern in einer Stellungnahme. Zuvor habe man sich mit der Rechtsaufsicht des zuständigen Ministeriums abgesprochen. „Frau Kaiser hat der Hochschulleitung gegenüber deutlich gemacht, dass ihr Forschungsvortrag in Mönchengladbach in keinem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die AfD in Schleswig-Holstein steht.“

Andreas Terhaag, FDP-Landtagsabgeordneter

Die Hochschule habe der Professorin in der Genehmigung weiter mit auf den Weg gegeben: „Weder bei der Durchführung der Veranstaltung noch durch die Gestaltung der Einladung darf der Eindruck entstehen, dass die Veranstaltung im Zusammenhang mit einer oder mehreren politischen Parteien steht.“ Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Hochschule hat das Präsidium aufgefordert, die Veranstaltung abzusagen. Außerdem kündigte der Asta-Vorsitzende eine rechtliche Überprüfung sowie „weitere Maßnahmen, sollte die Veranstaltung nicht abgesagt werden“ an.

Bei anderen Parteien in der Stadt, die in den vergangenen Tagen Einladungen zu der Veranstaltung erhielten, regt sich Unmut. Sie zweifeln daran, dass ein Vortrag zu einem politischen Thema drei Tage vor einer Bundestagswahl überparteilich sein kann. Der FDP-Landtagsabgeordnete Andreas Terhaag sagte: „Ich habe den Eindruck, dass an der Hochschule eine Veranstaltung mit AfD-Charakter unter wissenschaftlichem Deckmantel abgehalten werden soll.“ Grünen-Fraktionschef Karl Sasserath schrieb in einem Brief an Hochschulpräsident Hans-Hennig von Grünberg, dieser möge die „erforderlichen Schritte unternehmen, dass die Hochschule nicht zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird.“ SPD-Fraktionschef Felix Heinrichs sagte: „Niemand kann einer Hochschullehrerin ihr Engagement für die AfD untersagen. Aber es liegt auf der Hand, dass dieses Engagement nicht in der Hochschule betrieben werden darf.“

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