Wagen 26 ist nach 46 Jahren zurück

Mehr als acht Stunden brauchte der Triebwagen von Aachen nach Mönchengladbach.

Mönchengladbach. Es gibt Dinge, auf die man sich verlassen kann: Die Bahn kommt zu spät. Gut eine halbe Stunde hinkt „Triebwagen 26“ dem Zeitplan hinterher, als der von der Autobahnabfahrt Neuwerk kommende Tieflader mit der alten Straßenbahn im Schlepptau endlich Richtung Lürrip abbiegt. Knapp anderthalb Stunden brauchte der Schwerlasttransport von Aachen bis Mönchengladbach. Nach 46 Jahren ist „Triebwagen 26“ wieder zu Hause.

Ohne Frage, sie sieht mitgenommen aus, die alte Bahn, die nun auf dem Reme-Gelände an der Lürriper Straße zum Stehen kommt. Sie ist rot und vor allem blass, „1016“ steht auf den Seiten, unter dieser Nummer firmierte sie noch in den 70ern im Aachener Betrieb. Später verkauften die Aachener Straßenbahner das gute Stück nach Mainz — da trug sie die Nummer 210 —, noch einmal 20 Jahre später ging sie zurück nach Aachen. Für 21 Jahre war sie einmal mehr „1016“ und Ausstellungsobjekt auf dem Betriebshof.

Und wer vor lauter Zahlen jetzt nur noch Bahnhof versteht, dem sei gesagt: Vergessen Sie alles, nun ist sie ja zurück und erneut „Triebwagen 26“. Auch wenn der Lack nach all dem Hin und Her ab ist. An manchen Stellen klafft der Rost ins Rot.

„Hier sieht man noch die alte Farbe“, sagt Axel Ladleif und zeigt auf einen besonders braunen Fleck. Am Rand, da wo der Rost langsam ausfasert, lugen unterm Rot die cremefarbenen 1950er hervor. Im April 1957 wurden der Wagen sowie fünf weitere baugleiche Modelle ausgeliefert, fortan fuhr die Bahn für elf Jahre durch Mönchengladbach und Rheydt. Als der hiesige Straßenbahnbetrieb eingestellt wurde, wechselte der Triebwagen seinen Besitzer. Das war im Oktober 1968.

Nun ist sie zurück, und daran hat nicht zuletzt Axel Ladleif einen Anteil. Ladleif ist 1972 geboren, da fuhr die Bahn schon vier Jahre durch Aachen. Er ist selbstständiger Grafiker und seit Kindertagen leidenschaftlicher Straßenbahn-Fan. Ladleif ist gebürtiger Wuppertaler, dort trat er als Jugendlicher dem Verein „Bergische Museumsbahnen“ bei. Später zog er nach Mönchengladbach, sogleich interessierte er sich auch für die Straßenbahn-Historie seiner Wahlheimat. Von „Triebwagen 26“ hörte er von Gleichgesinnten, es war ein glücklicher Zufall. „Die Szene ist vernetzt“, sagt er. Als das Gefährt in Aachen ausrangiert werden sollte, schlugen Ladleif und seine Mitstreiter zu.

Schon bei der Abfahrt in Aachen, die sich verspätete, weil sich das 18 Tonnen schwere Gefährt zunächst nicht auf den Schlepper hieven lassen wollte, hätten Passanten staunend am Wegesrand gestanden, erzählt Neumann. An der Lürriper Straße zückten Fußgänger gleichfalls die Handykameras. Für den Einzug in Gladbach hatten die Initiatoren die Bahn extra mit Spruchbändern versehen: „Ein Stück Stadtgeschichte kehrt zurück . . .“

In der Reme-Halle warteten bereits die Wuppertaler Experten seines Museumsbahn-Vereins. Vier Hebeböcke ließen die Bahn für kurze Zeit in der Luft stehen, der Sattelschlepper fuhr ab, er hatte seinen Dienst getan. Wenige Minuten später wird die Bahn langsam herabgelassen. Nach 46 Jahren berührt „Triebwagen 26“ erstmals wieder Gladbacher Boden.

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