Vier Jahre Haft für Kindesmissbrauch

Der verurteilte Ralph G. war einschlägig bekannt. Die Mutter des jungen Opfers fiel aus allen Wolken.

Mönchengladbach. Raphael G. muss für vier Jahre ins Gefängnis — weil er die damals zunächst fünf, später sechs Jahre alte Jacqueline (Name geändert), die Tochter einer kurzzeitigen Freundin, sexuell missbraucht hat. Das war im Sommer 2003 in Gladbach. Vier Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch hat ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen, zwei von sexuellem Missbrauch.

Dabei hatten die Ankläger jeweils deutlich gemacht, dass sie aufgrund der langen Zeitspanne, die zwischen Taten und Anklage liege, nicht alle Taten hätten konkretisieren können, so dass ein Anfassen von Geschlechtsteilen in der Badewanne nur einmal angeklagt worden, tatsächlich aber etwa sechs- bis achtmal vorgekommen sei.

Die höchste Einzelstrafe verhängte das Gericht für einen Vorfall im Schlafzimmer, in dem der Gladbacher mit der Fünfjährigen im Bett gelegen und sie genötigt haben soll, ihn mit der Hand zu befriedigen — dafür gab es zwei Jahre und sechs Monate Haft.

Für die Familie der heute 14-jährigen Jacqueline geht mit dem Urteil eine Odyssee zu Ende. Unmittelbar bevor das Mädchen aussagen sollte, ließ der Verteidiger die Sitzung unterbrechen. Bei Wiedereröffnung dann die dürre Erklärung: Der Angeklagte räume die Taten ein, möchte aber nicht über Einzelheiten sprechen, sagt der Verteidiger. Danach waren die Aussagen der Gutachterinnen, die die Glaubwürdigkeit des Mädchens überprüfen sollten, nicht mehr notwendig.

Für die Mutter gab es während ihrer Aussage noch einen Schock. Als sie ihren damaligen Lebensgefährten kennenlernte, habe dieser ihr gesagt, dass er „jemanden geschlagen“ habe — und deswegen vielleicht ins Gefängnis müsse. Tatsächlich war er 2002 wegen ähnlicher Taten zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt worden, hatte aber seine Haft noch nicht angetreten, als er die Frau und ihre Kinder kennenlernte.

Die Wahrheit erfuhr sie im Gerichtssaal. Sie habe — so sagt es ihr Ex-Mann — der kleinen Jacqueline wohl nicht geglaubt, als diese Andeutungen machte darüber, dass „der Raphael“ sie angefasst habe. Auch dem Vater gegenüber habe sie sich erst in einer Silvesternacht anderthalb Jahre später anvertraut. Er reagierte — und gab die Tochter nicht mehr heraus, suchte nach eigenen Angaben auch Hilfe beim Jugendamt. Dort habe man ihm aber gesagt, eine solche Anschuldigung werfe ein schlechtes Licht auf seine Rolle im Sorgerechtsstreit um Jacqueline und ihre Brüder, der zu der Zeit tobte.

Er habe sich auch an den Verein Zornröschen gewandt, aber auch dort nicht die erwartete Hilfe erfahren. Bei einer Blinddarm-Operation im „Eli“ wurden Ärzte auf den labilen psychischen Zustand des Mädchens aufmerksam, zogen eine Psychologin hinzu. Aber die Idee, seine Tochter, die nun bei ihm lebte, in eine stationäre Therapie zu geben, wo er gerade selbst ein ambulantes Angebot auf die Beine gestellt hatte, widerstrebte ihm. 2008 aber kamen die Ermittlungen ins Rollen. Bis man Raphael G. ermittelt hatte, verging auch noch einige Zeit, denn zwischen den geschiedenen Eltern hatte es ein Missverständnis um den Nachnamen gegeben.

Das späte Geständnis habe wenig dazu beigetragen, dass der jungen Zeugin Aussagen erspart geblieben seien, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. „Es hat lange gedauert, bis ihr jemand geglaubt hat“, erklärte Nebenklageanwältin Hiltrud Hoeren mit Blick auf Jacqueline. „Sie ist einen steinigen Weg gegangen, der aber nicht zu Ende ist.“

Für Raphael G. ist erstmal Endstation.

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