Versicherer prüfen Unwetterschäden

Tausende Pkw werden derzeit auf Hageleinschläge untersucht. Dazu wird ein Scanner genutzt.

Der Wagen fährt in den „Hagelscanner“ ein. Das Tor der aus Leichtbauwänden erstellten Kabine schließt sich, und mit sechs Hochleistungs-Projektoren wird ein schwarz-weißes Streifenmuster auf den Lack des Fahrzeugs geworfen. Überall dort, wo das Tiefdruckgebiet „Neele“ in der Nacht auf Freitag vergangener Woche Hageldellen hinterlassen hat, sind Unregelmäßigkeiten im Streifenmuster zu erkennen. „Kameras nehmen das auf, und nur Minuten später gibt es einen detaillierten Ausdruck mit allen Schäden“, sagt Chefsachverständiger Frank Decker. In diesem Fall spuckt der Computer sage und schreibe 148 Einschläge mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 26 Millimetern aus. Nach nur 15 Minuten hält der Kunde das fertige Gutachten in der Hand — und kann den Wagen nebenan reparieren oder sich den Schaden auszahlen lassen.

Die Generali-Versicherungsgruppe hat seit Mittwoch und noch mindestens bis Ende nächster Woche ihre Kräfte in einer Halle an der Bonnenbroicher Straße gebündelt, um die Kunden aus der vom Hagelereignis gebeutelten Region zwischen Erkelenz, südlichem Mönchengladbach und Jüchen-Hochneukirch gesammelt betreuen zu können. Sieben Sachverständige sind im Einsatz, spezielle „Karosserie-Kosmetiker“ und „Blechmasseure“ wurden aus England eingeflogen, um Dellen ohne Lackieren zu entfernen. „Jetzt kommt es darauf an, schnell Hilfestellung zu geben. Viele Kunden sind doppelt betroffen — am Auto und am Haus“, sagt Ulrich Rieger, Vorstand der Aachen-Münchener, die wie Generali und Cosmos Direkt zur Generali-Gruppe gehört.

Alleine bei diesen drei Versicherern sind mehr als 2000 Hagel-Schadensfälle gemeldet worden, 1500 sollen in der Halle in Rheydt abgearbeitet werden. 170 waren es in den ersten beiden Tagen, mit durchschnittlichen Schäden in Höhe von 2500 Euro. „Tendenz höher“, sagt Decker. Auch einen 8000-Euro-Schaden gab es. „Da war keine einzige Scheibe mehr intakt.“

Dabei spart der Einsatz des Hagelscanners, den das Unternehmen Catastrophe Solutions International entwickelte, Zeit — er verringert die Besichtigungszeit pro Fahrzeug von 30 auf ganz wenige Minuten.

Auch andere Kfz-Versicherer konzentrieren sich auf die Region. „Wir rechnen mit bis zu 2000 beschädigten Autos“, sagt Mathias Scheuber, Schadenvorstand der Allianz Versicherungs-AG. Auch die Allianz hat sich daher für die Einrichtung einer Sammelbesichtigungsstelle und den Einsatz des Hagelscanners entschieden. Obwohl das Unwetter mit golfballgroßen Körnern nur für kurze Zeit und auf kleinem Gebiet wütete, „hat es für einen Schaden gesorgt, der weit in die Millionen geht“, sagt Carsten Pawlik, Sprecher des Bezirks Mittlerer Niederrhein im Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Alleine in seiner Axa-Versicherungsagentur seien in den ersten Tagen knapp 100 Schadensmeldungen eingegangen. „Das Unwetter vom 23. Juni ist für uns als stadtnahe Vertretung eines der heftigsten Schadensereignisse der letzten zehn Jahre“, sagt Pawlik. Durch den Hagel sei beispielsweise das Dach eines Lagerkomplexes zerstört worden, die Glaskuppeln seien regelrecht zerschossen worden. „530 000 Euro wird die Reparatur geschätzt kosten“, sagt Pawlik. Der Schaden an den Waren im Lager betrage zusätzlich eine Million Euro.

Auch die Reparaturen der verbeulten Autos werden viel kosten: „Bei 2000 Euro sind Sie schnell — und das ist noch ein Schaden im unteren Bereich“, sagt er. Manches Auto sei so verbeult, das sich die Ausbesserung nicht mehr lohne. Solche Totalschäden habe es viele gegeben — und auch Autos, zu denen die Gutachter hinfahren müssen, weil sie vorerst nicht mehr fahrtüchtig sind.

Das Hagelschaden-Centrum Douteil hat zusammen mit Versicherern zur Besichtigung, Bewertung und Reparatur der Fahrzeugdellen zwei Standorte eingerichtet, im Gewerbepark Rheindahlen sowie an der Giesenkirchener Straße.

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