Textilakademie: Grundstein wird gelegt

In rund einer Woche beginnt der nächste Schritt für Gladbachs Vorzeigeprojekt. Das Gebäude erhält eine weltweit einzigartige Fassade.

Spannende hochwertige Bauprojekte gibt es in Mönchengladbach derzeit noch und nöcher. Dasjenige, das am weitesten ausstrahlen dürfte, entsteht an der Ecke von Rheydter- und Breite Straße: die Textilakademie Nordrhein-Westfalen. Am 4. April erfolgt die Grundsteinlegung für das spektakuläre Projekt. Wenn am 29. August 2018 das neue Schuljahr beginnt, soll und muss alles fertig sein.

Und „alles“ ist eine ziemliche Menge. Denn die Textilakademie wird so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau. Sie bündelt die Berufsschulausbildung in zunächst sieben gewerblich-technischen Berufen. Und weil gleich zwei Verbände dahinterstehen, wird das Berufsschüler aus NRW, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein nach Gladbach bringen, zukünftig könnte es sogar grenzübergreifende Aktivitäten mit den Niederlanden und Belgien geben. Die Akademie koppelt die Berufsschule zugleich mit der Berufsvorbereitung (bei der schwierige Jugendliche ausbildungsfähig gemacht werden), einem überbetrieblichen Ausbildungszentrum und — in Kooperation mit der angrenzenden Hochschule Niederrhein — mit beruflicher Weiterbildung und dem dualen Studium.

„Wir schaffen damit eine Durchlässigkeit im Bildungsspektrum, die es so überhaupt noch nicht gibt“, sagt Wolfgang Kleinebrink, einer von zwei Geschäftsführern der Textilakademie NRW gGmbH. Auch eine derart enge Verzahnung zwischen einer privaten Berufsschule und einer Hochschule sei völliges Neuland.

Die Verbindung zur Hochschule ist in der Tat eng — und das nicht nur räumlich. „Wir bauen ohne eigene Labor- und Maschinenräume“, sagt Kleinebrink — denn die hält die Hochschule bereit. „Und das in einer Qualität, die europaweit ihresgleichen sucht. Das gibt uns die Möglichkeit zu enorm viel Praxisunterricht.“

Für den Weiterbildungsbereich wird mit der Hochschule eine gemeinsame GmbH gegründet. Und auch im Bereich der angewandten Forschung wird es engste Bezüge geben: So soll ein Fraunhofer-Institut angesiedelt werden, die Verhandlungen sind weit fortgeschritten. Konkret wird es sich um einen Ableger des Dortmunder Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik handeln.

Das so entstehende Ensemble aus museal-textiler Vergangenheit (Monforts-Quartier), Aus- und Weiterbildung (Textilakademie), Studium (Hochschule) und Forschung (Fraunhofer-Institut) sei „weltweit einmalig“, sagt Kleinebrink. Und ermögliche es der alten Textilstadt Mönchengladbach, mit breiter Brust nach vorne zu schauen.

Und Zukunft hätten die Bereiche Bekleidung und Textil allemal. „Im Textilbereich gab es von 1967 bis 2010 einen Beschäftigungsabbau, seit 2011 steigen die Zahlen wieder“, sagt Projektleiter Detlef Braun. Um die Branchen in die Zukunft zu hieven, investieren die Verbände der Rheinischen und der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie mit Sitzen in Münster und Wuppertal jeweils zehn Millionen Euro, ohne jegliche Förderung. Denn 20 Millionen kostet der Bau der Textilakademie.

Für weitere neun Millionen soll daneben ein Gästehaus für 80 Personen mit Mensa entstehen, allerdings erst in einem zweiten Schritt. Zunächst müsse sich abzeichnen, ob tatsächlich wie geplant im ersten Ausbildungsjahr 120 und mit dem dritten bis zu 300 Berufsschüler die Akademie nutzen. Der Tiefbau für das Gästehaus wird aber direkt im ersten Schritt mit erledigt. „Wir können dann also jederzeit loslegen“, sagt Braun. Zwölf bis 18 Monate dauere die Fertigstellung dann.

So ein Projekt benötigt natürlich auch die entsprechende Optik, und auch die setzt Maßstäbe, denn natürlich hat sie textilen Bezug. Die mehr als 1000 Quadratmeter große, Falten werfende Fassade zieht sich über drei Etagen und besteht aus Polytetrafluorethylen (PTFE); sie ist lichtdurchlässig, klimatisiert und spart Energie. „Daran haben Ingenieure ein halbes Jahr gearbeitet. Das ist weltweit einmalig“, sagt Braun: „Besonders in der Dunkelheit wird es interessante Effekte geben.“

Einzig Sprayer werden keinen Spaß an dem Gebäude finden — Graffiti werden nicht daran haften. „Da reicht ein Eimer Wasser“, sagt Braun. Und innen? „Versuchen wir, in Sachen digitaler Infrastruktur am Puls der Zeit zu sein.“ Tafeln und eine Bibliothek wird es nicht geben, dafür Unterricht mit Smartboards, Tablets und schnellem Internet.

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