Telefonat wirbelt Tonnenmord-Prozess durcheinander

Beim Tonnenmord-Prozess tritt das Gericht erneut in die Beweisaufnahme ein – weil neue Informationen zum Todeszeitpunkt der Millionärin auftauchten. Anfang Oktober lebte die Frau noch.

Mönchengladbach. Eigentlich hätte am Mittwoch das Urteil im so genannten Tonnenmord-Prozess um die Ermordung der 89-jährigen Gladbacher Millionärin Gertrud K. gesprochen werden sollen. Die Anwälte der drei Angeklagten Tobias K. , Sascha L. und KarlM. , die beschuldigt werden, die Millionärin Gertrud K. aus Habsucht getötet zu haben, hatten bereits ihre Plädoyers gehalten. Doch dann tauchten überraschend neue Beweise und Zeugen zum Todeszeitpunkt auf.

Es geht um die Frage, wann Gertrud K. getötet wurde. Sascha L.s Verteidiger hatte in seinem Plädoyer angenommen, dass die 89-Jährige bereits Ende September gestorben war. Dann wäre sein Mandant zum Tatzeitpunkt noch unter 21 Jahren gewesen und unter das mildere Jugendstrafrecht gefallen.

Norbert Brüggen, dem Vertreter der Nebenklage, der zu Lebzeiten der Anwalt der Millionärin und später Nachlassverwalter war, fiel nach diesem Plädoyer auf, dass er Beweise dafür hatte, dass Gertrud K. Anfang Oktober noch lebte.

Er legte den Einzelverbindungsnachweis der Telefonrechnung vor, die er als Nachlassverwalter Ende November erhalten hatte. Darin aufgeführt war ein Telefonat, das Gertrud K. Anfang Oktober mit Marlies Brüggen, der Frau ihres Anwalts und des jetzigen Nebenklagevertreters führte und in dem sie um Rückruf bat.

Marlies Brüggen bestätigte jetzt als Zeugin vor Gericht dieses Telefonat. Ein zweites Telefonat Anfang Oktober hatte das spätere Opfer mit einem Rheindahlener geführt, der Gehwegplatten bei ihr abgeholt und dem sie anvertraut hatte, dass sie sich bedroht fühle.

Allerdings nannte sie als Quelle der Bedrohung ihre damaligen Mieter, die mit ihrer späteren Ermordung nichts zu tun hatten. Beide Telefonate belegen, dass Gertrud K. Anfang Oktober noch am Leben war. Sascha L. wurde am 1. Oktober 21 Jahre und fällt damit also, sollte er schuldig gesprochen werden, nicht mehr unter das Jugendstrafrecht.

Warum der Einzelverbindungsnachweis, der derart interessante Informationen enthielt, erst so spät ins Verfahren eingebracht wurde, erklärt der Vertreter der Nebenklage im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung: "Die Verteidigung des Herrn L. hatte selbst eine Zeugin aufgeboten, der Gertrud K. noch am 8. Oktober gesehen haben will.

Erst beim Plädoyer wurde klar, dass die Verteidigung auf einen Todeszeitpunkt Ende September setzt." Daraufhin habe er in seinen Unterlagen nach der Telefonrechnung gesucht und sie der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt.

Der Prozess wird am 16. und 17. März fortgesetzt. Das Urteil soll voraussichtlich am 30. März verkündet werden.

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