Sprachengewirr im Kindergarten

Integration: Fast die Hälfte aller Kinder in den Gladbacher Kindertagesstätten haben Eltern mit Migrationshintergrund. Die Kleinen haben oft Verständigungsprobleme.

Mönchengladbach. "Ja, wir haben oft Verständigungsprobleme", sagt Margarite Kubek. Sie ist Erzieherin in der Kindertagesstätte des Vereins zur Förderung multikultureller Kinderarbeit an der Gartenstraße in Hermges. Im Hintergrund hört man die 40 Kinder der Einrichtung spielen. Sie verstehen sich offenbar ganz gut.

Aber: "Wir haben ganz oft den Fall, dass die Kinder und ihre Eltern die deutsche Sprache nicht verstehen", sagt Kubek. Manchmal müssen in der Kita Eltern, die Deutsch können, als Übersetzer für die Drei- bis Sechsjährigen dienen. Informationen zu Veranstaltungen des Vereins verlassen dessen Büro oft mehrsprachig verfasst.

Dieser Kindergarten trägt zwar "Multikulti" im Namen, doch eine Ausnahmesituation gibt es hier nicht. Von den 7717 Gladbacher Kindern, die eine Kindertagesstätte besuchen, haben 3040 mindestens einen Elternteil, der nicht deutscher Herkunft ist. Das sind fast 40 Prozent.

Das allein wäre kein Problem, wenn nicht bei 25Prozent aller Kita-Kinder zu Hause nicht deutsch gesprochen würde.

"Bei Familien mit Migrationshintergrund beherrscht die Mutter oft nur die Sprache des Herkunftslandes, und der Vater, der Deutsch kann, ist erst abends zu Hause", sagt Kubek. Deutsch gibt es nur im Kindergarten.

Die Kinder würden zwar schnell lernen, sagt Kubek. "Nach zwei bis drei Monaten geht das meistens." Aber sie schleppen zu Hause falsch gelerntes Deutsch mit in die Kita, oder vermischen beide Sprachen.

Wen wundert es da, wenn es dann in der Schule richtig Probleme gibt, weil die Erstklässler dem Unterricht auf Deutsch nicht richtig folgen können? Was folgt, sind schlechte Noten, ein schlechter Abschluss, und schlechte Berufsaussichten. Eine Negativ-Spirale, die früh beginnt.

Dem entgegen zu wirken, ist bei vielen Kindern, wenigen Erzieherinnen und noch weniger Fachkräften für Sprachförderung schwierig.

"Wir schicken unsere Kinder einmal in der Woche zum Mum", erzählt Erzieherin Kubek. Das Mum steht für Mutter und mehr. Es ist ein Familienzentrum, wo die Kindertagesstätten Mummi und Flummi gemeinsam Sprachförderung für Vorschulkinder anbieten.

"Wir haben geschultes Personal, das mit den Kindern spielerisch und in Alltagssituationen übt", sagt Samira Rippegarther, Sozial-Pädagogin beim Mum. In kleinen Spielen, in denen die Kinder Dinge erklären müssen, sollen sie mit der deutschen Sprache vertraut werden.

Probleme haben übrigens nicht nur Migranten-Kinder. "Deutsche Kinder kommen auch zu uns. Denen macht oft ein sehr begrenzter Wortschatz Schwierigkeiten", sagt Rippegarther.

Die Spiele, die zur Sprachförderung beitragen, werden nach dem wöchentlichen Besuch auch bei Margarite Kubek weitergespielt. Wirklich befriedigend ist die Versorgung mit "Deutsch" aber nicht. "Wir sehen die Fortschritte der Kinder, aber es könnte natürlich etwas mehr sein. Dazu müssten wir allerdings Personal einstellen und Materialien besorgen. Und dafür fehlt das Geld."

Geld, das nicht fließt. "Die Tageseinrichtungen für Kinder brauchen dringend Investitionsmittel. In 2008 hat das Land noch keinen einzigen Euro aus dem Bundesprogramm ,Sondervermögen Kinderbetreuungsausbau’ abgerufen und auch in diesem Jahr ist noch kein einziger Antrag gestellt worden", sagt die Gladbacher SPD-Landtagsabgeordnete Angela Tillmann.

Immerhin handele es sich um 167 Millionen Euro, die landesweit zur Verfügung stehen sollen. Anteilig auch für die Kitas in Mönchengladbach. Die SPD macht die CDU/FDP-Regierung dafür verantwortlich.

Doch Geld könnte das Sprachproblem alleine nicht lösen, weiß Samira Rippegarther: "Es ist auch eine Einstellungssache der Eltern. Familien mit Migrationshintergrund sollten ihre Kinder früher und regelmäßiger in die Kitas geben. Wenn sie die Kleinen erst mit drei Jahren bringen, ist es schwerer, die Sprache zu lernen."

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