Spielplatz soll Spielverhalten aufzeichnen

Die Hochschule Niederrhein und die Mags planen im Rheydter Stadtwald einen Spielplatz, der sich nach den Neigungen der Kinder entwickelt.

Ein Spielplatz, der aufzeichnet, wie die Kinder sich dort austoben, welche Elemente sie wie benutzen, und was gar nicht gut ankommt — das ist keine Zukunftsvision, sondern ein konkretes Projekt, das die Hochschule Niederrhein und die zuständige Stadttochter Mags in den kommenden drei Jahren umsetzen wollen.

Im Rheydter Stadtwald entsteht dazu ein naturnaher Spielplatz, der mit einem Sensorsystem ausgestattet ist. Dafür gibt es knapp 500 000 Euro Förderung vom Land NRW, wie die Hochschule mitteilte. Das Projekt sei von der Empfehlungskommission zur Förderung vorgeschlagen worden.

Konkret wird im Stadtwald wohl im Frühjahr 2019 eine Naturerfahrungslandschaft angelegt, die Kinder zum Spielen animiert. Dabei geht es nicht darum, fertige Spielgeräte aufzubauen wie bei einem gewöhnlichen Spielplatz.

Auszug aus dem Projektentwurf der Hochschule Niederrhein

Vielmehr soll das Areal „die Fantasie der Kinder anregen“, wie Martin Platzer von der Hochschule Niederrhein sagt.

Und über die Jahre wird der Naturspielplatz dann so weiterentwickelt, wie die Kinder den Platz annehmen. Sie bestimmen also, wie sich der Spielplatz weiterentwickelt.

Dazu werden aber keine „Aufpasser“ abgestellt, die sich Notizen machen. Sondern der oberflächlich so naturnahe Raum zeichnet mittels eines Sensorsystems die Nutzung anonymisiert auf. „Es werden keine persönlichen Daten aufgezeichnet. Das Messsystem soll ohne Videokameras auskommen, auf denen möglicherweise Personen zu erkennen wären“, heißt es bei der Hochschule. Martin Platzer konkretisiert: „Wir werden jetzt ein System entwickeln, das auf reiner Sensorik beruht.“

Möglich seien Infrarotkameras, die Wärmebilder liefern, aus denen hervorgeht: Diese Ecke nutzt niemand, die andere ist dafür umso beliebter. Auch Schallfrequenzen könnten womöglich gemessen werden, ohne dabei Gespräche aufzuzeichnen. Diese gemessenen Daten sind die Grundlage für die Weiterentwicklung des Areals. Während dieses System bei der Hochschule entwickelt wird, wird auch der eigentliche Naturspielplatz in Zusammenarbeit mit der für Spielplätze zuständigen Mags entwickelt und im kommenden Jahr gebaut werden.

Hinter dem Forschungsprojekt steckt aber mehr, als Kindern ein Spielvergnügen ganz nach deren Vorlieben zusammenzustellen. Ein digitales Sensorsystem, das in Echtzeit Daten aufzeichnet und auswertet, kann im Grunde auch dazu dienen, das Nutzerverhalten in jedem öffentlichen Raum zu analysieren: Wird dieser Gehweg eigentlich wirklich genutzt? Fährt auf diesem Fahrradweg tatsächlich jemand? Ist die Straße wirklich so viel befahren, wie es eine Zählung von Hand vor ein paar Jahren einmal ergeben hat?

Stadtforschung und die Gestaltung des öffentlichen Raums wird auf diese Weise digitalisiert und völlig neu entwickelt. Das ist ein Ziel des Projektes: Landschaftsplanung mit digitalisierter Stadtforschung zu verknüpfen; außerdem die „nutzerorientierte Planung weiter auszubauen“, wie Platzer sagt, sowie überhaupt erst die notwendige Technik mitsamt Software zu entwickeln.

Zwei Einrichtungen der Hochschule sind in dem Projekt involviert: Das Kompetenzzentrum „Social Urban Design („SOUND“), das das Projekt koordiniert und bei inhaltlichen Fragen unterstützt, sowie das Institut „iPattern“ des Fachbereichs Elektrotechnik und Informatik, das die technische Seite bearbeitet. Projektleiter bei der Hochschule sind die Professoren Nicolas Beucker, Hans-Günter Hirsch und Regina Pohle-Fröhlich. Außerdem ist die Deutsche Telekom als Partner dabei. Der Konzern berät zu Datenschutz im öffentlichen Raum und Datenübertragungen über das Internet sowie zum Management von Digitalisierungsprozessen.

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