Rheydt kämpft um Karstadt

Mitarbeiter und Kunden haben über 8000 Unterschriften für den Erhalt der Filiale am Markt gesammelt.

Rheydt. Ursula Richter schaut schon ein wenig stolz, als sie die Listen mit den gesammelten Unterschriften durchblättert: "Allein von Montagmittag bis Dienstagabend haben sich 2500 Kunden eingetragen. So eine Solidarität habe ich noch nie erlebt."

Ursula Richter ist Betriebsratsvorsitzende in der Rheydter Karstadt-Filiale, die in dieser Woche Unterschriften für den Erhalt des seit 1976 bestehenden Hauses direkt am Marktplatz zusammenträgt. Bisher sind über 8000 Unterschriften für den Erhalt des Standorts gesammelt worden.

Dem Karstadt-Konzern und seiner Muttergesellschaft Arcandor geht es schlecht. Wegen der Finanzkrise ist das Unternehmen in einen Liquiditätsengpass geraten, der fatale Folgen haben könnte. Wenn die Bundesregierung die von Arcandor beantragte Bürgschaft über 650 Millionen Euro bis zum 12. Juni nicht bewilligt, droht dem Unternehmen die Insolvenz. Karstadt in Rheydt müsste dicht machen, 140 Beschäftigte würden ihren Job verlieren.

Eine Situation, die viele Mitarbeiter nur schwer begreifen können. Auch Filialgeschäftsführer Manfred Hundt ringt nach Worten: "Ich bin über 40 Jahre im Unternehmen. Ich kann nur Karstadt. Für mich ist es unvorstellbar, dass es Karstadt nicht mehr gibt."

Das sehen offenbar auch die Menschen in Rheydt so, nicht nur wegen der zahlreichen Unterschriften. "Viele Leute haben mir in den letzten Tagen gesagt: Rheydt ohne Karstadt, das geht doch nicht", erzählt Ursula Richter.

Dieser Meinung schließt sich auch die lokalpolitische Prominenz an. "Wir brauchen keine Schwächung, sondern eine Stärkung der Innenstadt. Ein Leerstand des Gebäudes würde Rheydt gravierend treffen", sagt Bezirksvorsteher Karl Sasserath (Grüne).

Karstadt biete nicht nur das größte Warenangebot, sondern engagiere sich auch in Rheydt. Der Staat könne keinen Rettungsschirm über 300 Milliarden Euro für die Banken spannen und gleichzeitig ein Unternehmen mit 50000 Beschäftigten im Regen stehen lassen.

Ähnlich äußert sich CDU-Ratsherr Joachim Roeske, der befürchtet, "dass wir einen Verlust von Karstadt nicht leicht bewältigen werden". Leidtragende seien die Mitarbeiter, über denen die Krise "mit Gülleeimern ausgeschüttet wird".

Ursula Richter gibt die Hoffnung auf eine Rettung der Rheydter Filiale nicht auf, schon wegen des Kundenzuspruchs. "Wenn alle Häuser so laufen würden wie unseres, gäbe es keine Probleme bei Karstadt."

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