Reichsbürger? SEK-Einsatz in Rheydt

Die Polizei hat am Mittwochabend die Wohnung eines 51-Jährigen an der Bödikerstraße durchsucht. Die gefundenen Waffen waren allerdings legal in seinem Besitz. Den Verdacht, den „Reichsbürgern“ nahezustehen, streitet er ab.

Reichsbürger? SEK-Einsatz in Rheydt
Foto: Stephan Schellhammer

Mittwochabend, 18.50 Uhr, die Bödikerstraße in Rheydt. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei durchsucht eine Wohnung nach Schusswaffen, nimmt einen 51-Jährigen und seine 53-jährige Frau vorübergehend fest. Zeugen hatten zuvor gemeldet, der Mann sei mit einer Maschinenpistole auf der Straße gesehen worden. „Die polizeilichen Ermittlungen zur Person begründeten den Verdacht, dass der Mann dem Spektrum der ,Reichsbürger’ zugeordnet werden kann“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Röthgens. In Zeiten wie diesen — im Oktober hatte ein „Reichsbürger“ in Franken einen Polizisten erschossen, danach gab es immer wieder Waffenfunde bei Sympathisanten — kam aufgrund der möglichen Gefahrenlage das SEK zum Einsatz.

Bei der Durchsuchung wurden dann auch mehrere Schusswaffen gefunden. Jedoch, so die Polizei, waren diese nicht erlaubnispflichtig. Von „täuschend echten Sturmgewehren und Maschinenpistolen“ ist die Rede, die aber mit Luft- oder Gasdruck funktionieren. Zudem habe der 51-Jährige einen Kleinen Waffenschein. Zuvor polizeilich in Erscheinung getreten sei er auch noch nie, so Röthgens. Lediglich ein tatsächlich verbotener Gegenstand wurde in der Wohnung gefunden, nämlich ein Wurfstern. Hierzu laufen die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz weiter.

Der 51-Jährige stellt seine Sicht der Dinge dar. Er sammele schlichtweg Schusswaffen, als Hobby — und völlig legal. „Am Mittwoch bin ich, mit Luftgewehren und ohne Munition, zu einem Kollegen gefahren, um mir eine Wandhalterung zu bauen“, sagt der Mann. Für alle bis auf eine seiner fünf Waffen habe er einen Koffer, die letzte habe er mit einem Handtuch verhüllt. Das allerdings sei beim Transport vom Auto zur Wohnung heruntergerutscht, wobei ihn die Zeugen beobachtet haben müssten. Für den Einsatz der Polizei zeigt der Mann prinzipiell Verständnis: „Ich würde auch wollen, dass ermittelt wird, wenn Zeugen so etwas sehen.“ Den Wurfstern habe er im Übrigen einmal zum Geburtstag geschenkt bekommen.

Kein Verständnis habe er dafür, dem „Reichsbürger“-Umfeld zugeordnet zu werden. Das sei „rufschädigend“. Als Reichsbürger werden Menschen — die Spanne reicht von Verschwörungstheoretikern bis hin zu Rechtsextremen — bezeichnet, die behaupten, das Deutsche Reich bestehe fort, jedoch nicht in Form der Bundesrepublik, die sie oftmals als eine „Firma“ oder „GmbH“ abtun. Er zahle seine Steuern, leite eine Firma mit mehreren Angestellten und habe sich nichts zuschulden kommen lassen, sagt der Mann: „Ich komme meinen Pflichten nach — Reichsbürger tun das nicht.“

Warum er dann aber einen Aufkleber mit der Aufschrift „Ich bin ein Bürger des Deutschen Reiches und kein Angestellter der BRD“ auf dem Auto hat, was die Polizei auf die Reichsbürger-Spur brachte, welche später in eine „sich verdichtende Erkenntnislage“ mündete? Und warum er ihr einen Staatsangehörigkeitsausweis vorlegte, aber keinen Personalausweis? Letzterer sei abgelaufen, einen Reisepass habe er aber sehr wohl. „Ich besitze in Form des Staatsangehörigkeitsausweises eine nachgewiesene deutsche Staatsbürgerschaft, ausgestellt durch die Bundesrepublik“, sagt der Mann — und distanziert sich damit von den oft selbstgebastelten Fantasie-Identitätspapieren, mit denen viele Reichsbürger auftreten.

Beantragt habe er das Dokument bei der Ausländerbehörde. Man müsse dafür Geburtsurkunden und weitere Nachweise zu den Vorfahren vorlegen, er habe dies bis in die Zeit des Kaiserreichs zurückdatieren lassen. Ja, damit sei er quasi Bürger des Deutschen Reiches — verbrieft durch die Bundesrepublik. Ursprünglich habe er den Antrag gestellt, um in den USA Rechtsgeschäfte tätigen zu können, zu der Zeit, „als die Diskussion mit den Reichsbürgern aufkam“. Den mittlerweile negativ besetzten Begriff der Reichsbürger wolle er aber nicht mit seinem Namen verbunden sehen.

Für die Gladbacher Polizei war es der erste Einsatz, der in einem solchen Zusammenhang stand, sagt Röthgens. Die Stadt sei diesbezüglich kein Schwerpunkt.

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