Prozess um Todesfahrt: Angeklagter Schwalmtaler erinnert sich nicht

Mönchengladbach. Vor dem Landgericht Mönchengladbach ist am Mittwoch der Prozess gegen den mutmaßlichen Todesfahrer von Rheydt eröffnet worden. Der junge Schwalmtaler soll zwei Schwestern (75 und 73) totgerast haben, eine 78-Jährige, die vormals fit war, muss nun am Rollator gehen und ein 17-Jähriger wurde schwer verletzt.

René R. (22) erinnert sich nur vage an die Abläufe am 23. März dieses Jahres. „Wenn ich das in der Akte lese, kommt es mir bekannt vor, aber ich habe keine Bilder vor Augen“, sagt er im Gerichtssaal.

An entscheidenden Stellen lässt ihn seine Erinnerung ganz im Stich. Er habe sich von seinen Kumpels verabschieden wollen, mit denen er immer in Waldniel vor dem Kaiser’s-Markt herumgehangen habe. Denn René R. wollte nach einer verkorksten Kindheit, Heimaufenthalten, Familienstreit und immerhin schon sechs Vorstrafen, unter anderem wegen Drogen, ein neues Leben beginnen — in einem Männerwohnheim in Essen.

„Inzwischen denke ich, dass auch das kein guter Neuanfang gewesen wäre“, sagt er. „Ich weiß, dass ich mein Leben gründlich ändern muss, bisher habe ich nix auf die Kette bekommen außer dem Führerschein“, erzählt er weiter. Abgebrochene Lehren, aus Wohnungen herausgeflogen, Arbeitsstellen verloren.

Vor dem Supermarkt wird getrunken, dann geht es zu R. nach Hause. Da schmeißt der Vater (73) Sohn und Freunde wegen zu lauter Musik hinaus. Bei Kumpel Igor in Rheydt soll die Party weitergehen. Es kommt Cannabis ins Spiel, auch Heroin soll dabei gewesen sein. „Was ich noch weiß, ist, dass Igor gesagt hat, lass die Hände vom Lenkrad“, berichtet der junge Schwalmtaler.

Dass er zu schnell auf der Dahlener Straße stadtauswärts unterwegs ist, fehlt in seiner Erinnerung. Die Ampel an der Auffahrt zur A 61 zeigt „Rot“, André G. aus Niederkrüchten (damals 17) wartet auf seiner 125-er dort. Ihn fährt R. über den Haufen, verletzt ihn schwer. „Er flog durch die Luft wie ein Stuntman“, sagt ein Zeuge im Gericht.

Ohne zu bremsen fährt R. weiter, beschleunigt noch, als er merkt, dass ihm der Wagen eines Wegbergers folgt. Der Mann kann Teile des Kennzeichens erkennen, bremst dann ab, weil ihm die Fahrt zu halsbrecherisch wird.

An der Kreuzung der Stadtwaldstraße mit der Voosener Straße fährt Ilse Sch. bei „Grün“ an, will die Stadtwaldallee überqueren. Knapp 130 „Sachen“, so hat es ein Dekra-Sachverständiger rekonstruiert, hat René R. da noch drauf. In der letzten Sekunde bremst er, prallt mit mindestens 105 Stundenkilometern in den Saab.

Mindestens 1,66 Promille hat R. im Blut, als es untersucht wird. Da er aber selbst bei dem Unfall schwer verletzt wird, können Medikamente die Konzentration verfälscht haben. Sein Anwalt hofft darauf, dass R. nach kurzer Haft in eine Entziehungsklinik eingewiesen wird. Danach wolle er ein neues Leben in einem anderen Bundesland beginnen.

R.s Vater verweigert übrigens vor Gericht die Aussage, seine Kumpel, die den Tag mit ihm verbracht hatten, erscheinen gar nicht erst.

Der Prozess wird am 22. November fortgesetzt.

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