"Nicht über die Gleise"

Statt durch den Tunnel zu gehen, nehmen viele Erwachsene, Kinder und Jugendliche eine Abkürzung über die Schienen am Bahnhof Odenkirchen. Bundespolizist Udo Mölders soll diesen gefährlichen Leichtsinn verhindern.

Mönchengladbach. Es ist 7.05 Uhr. Die einen stapfen über die Gleise. Und zwei stehen und warten. Sie warten genau auf diejenigen, die über die Schienen klettern. Erwachsene kürzen so den Weg zur Arbeit ab, Jugendliche und Kinder den zur Schule. Nur ein paar Meter weiter ist der Fußgängertunnel.

In Uniform steht Bundespolizist Udo Mölders am Bahnhof Odenkirchen. Das macht Eindruck. Aber nicht auf alle. "Sie dürfen nicht über die Gleise gehen. Das ist gefährlich. Benutzen sie den Fußgängertunnel", sagt der 49-jährige Oberkommissar zu einer Frau. "Nein, der ist dunkel, da hab ich Angst", antwortet die Angesprochene.

Udo Mölders kennt das: "Vielleicht zwei Drittel der Menschen sind einsichtig, wenn man sie anspricht. Manche diskutierten. Begreifen aber im Gespräch, was für ein Risiko sie eingehen. Manche Erwachsene sehen dann ein, dass sie eine Vorbildfunktion haben." Aber einige argumentieren auch damit, dass der Tunnel eben stinke. "Es gibt Leute, die sagen einfach, das interessiert mich alles nicht."

Da helfen auch keine Warnungen wie die, dass man nur anderthalb Meter in die Nähe einer Hochspannungsleitung kommen muss und einen so genannten Übersprung erleben kann. Dann jagen 15000Volt durch den Körper. Diejenigen, die weiterlaufen, obwohl sie von den Bundespolizisten angesprochen werden, müssen 25 Euro Verwarngeld zahlen.

Der Odenkirchener Bahnhof ist einer der Schwerpunkte bei der Präventionsarbeit, die Udo Mölders und seine Kollegen vom Mönchengladbacher Revier leisten. Sie wissen, hier hat sich eine Art Trampelpfad über die Gleise gebildet.

Bei ihren Kontrollen dieser und anderer Bahnhöfe und -strecken, die eine der Hauptaufgaben der Bundespolizei ist, haben sie immer Unfälle wie den in Güdderath vor Augen. Am 10.April hatte eine 56-Jährige in Güdderath den Weg über die Gleise abkürzen wollen und war dabei von einem Regionalexpress überrollt und getötet worden.

Damit so etwas gar nicht erst passieren kann, ist die Bundespolizei auf Hinweise von Bürgern angewiesen. Ein besonderes Augenmerk gilt Kindern, die in der Nähe oder auf Bahndämmen spielen, oder Jugendlichen, zum Beispiel Graffiti-Sprayern, die sich in Gefahr begeben. Auf Schulwege in der Nähe von Bahnstrecken hat die Bundespolizei auch ein Auge - und das sogar von oben, denn die Hubschrauber der Bundespolizeidirektion St. Augustin fliegen die Gleise ab.

Eine Statistik führt die Bundespolizei nicht. Aber seit Jahren sei die Zahl der "Spielplatz am Zug"-Fälle gleich hoch, sagt Wolfgang Heimann, Pressesprecher der Bundespolizei-Inspektion Düsseldorf, u.a. zuständig für Mönchengladbach, Krefeld und Oberhausen. Umso wichtiger sei die Präventionsarbeit.

Nicht nur, wenn beliebte Abkürzungen oder Spielplätze bekannt werden, wird Udo Mölders, der sein Büro in der Wache neben dem Mönchengladbacher Hauptbahnhof hat, aktiv. Seit einem Jahr ist er Kontaktbeamter und geht in Schulen und klärt Kinder und Jugendliche über die Gefahren der Bahn auf. Lehrer können ihn "buchen".

Kinder können die Bundespolizisten damit beeindrucken, wie lange ein Zug zum Bremsen braucht. Das sind 500 bis 800 Meter. Jugendliche könne man gut beim Geld packen. Selbst, wenn nichts Dramatisches passiert, was kostet zum Beispiel so ein Bremsmanöver plus Schadensersatz, wenn im Zug jemand fällt? Da kommen schnell über 50 000 Euro zusammen. Die Eltern haften.

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