Neuwerk: Gekündigt - Massenklage

130 der 159 bei Schwann-Bagel (TSB) Entlassenen klagen auf Wiedereinstellung. Nicht alle mit Erfolg.

Mönchengladbach. Selbst für so erfahrene Betriebsräte wie Malte Schaidl ist das, was jetzt beim Neuwerker Großdrucker Schwann-Bagel (TSB) läuft, eine Premiere. Wenn auch eine traurige. Etwa 130 der 159 vom TSB-Management gekündigten Mitarbeiter klagen auf Wiedereinstellung. Gerade eben verhandelte das Arbeitsgericht 19 Einsprüche von geschassten Mitarbeitern des Tiefdruckers.

Sowohl Schaidl - er ist langjähriger Betriebsratschef bei TSB und hat hier schon so einiges mitgemacht, wie sagt - als auch die Geschäftsleitung bestätigen die juristischen Aktivitäten der zum Großteil langjährigen Angestellten.

Und die ziehen vors Gericht, weil sie meinen, bei der Sozialauswahl (der Vorstufe für die später ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen) nicht richtig behandelt worden zu sein. Beispiel: Da ist der Familienvater, der glaubt, nicht er, sondern ein anderer Kollege mit weniger sozialer Bindung hätte die Papiere bekommen müssen. Nicht wenige klagen aber auch, weil sie mehr Geld und damit Abfindungen aus dem Sozialplan herausschlagen wollen.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der TSB-Sozialplan für die knapp 160 Betroffenen mit gerade mal 2,5 Millionen Euro dürftig ausgefallen ist. Die Arbeitnehmervertretung bei TSB hatte mindestens sechs Millionen Euro gefordert. Weil sich beide Seiten - Geschäftsführung und Betriebsrat - nicht einigten, hatte ein Kölner Arbeitsgerichts-Direktor das letzte Wort. Es wird 2,5 Millionen Euro für alle geben.

Für Verdi-Vertreterin Linda Krolage wäre hier mehr drin gewesen, "hätte der Gesellschafter von Schwann-Bagel nicht vorher Millionenbeträge aus dem Neuwerker Betrieb abgezogen." Dies wiederum sei notwendig gewesen, um in eine andere Produktionsstätte zu investierten und dort Arbeitsplätze zu erhalten, konterte die TSB-Firmenführung.

Für vier Mitarbeiter hat sich der Klageweg bereits gelohnt, heißt es in der Belegschaft. Bei der Güteverhandlung einigte man sich auf die Wiedereinstellung.

Für die meisten werde der Klageweg aber erfolglos bleiben, bedauert Schaidl. Er sagt auch: "Die Arbeitgeberseite hat klar gemacht, dass die 159Entlassungen notwendig sind, um das Neuwerker Werk zu sichern".

Folglich ziehe eine Wiedereinstellung eine neue Kündigung nach sich, so dass es unterm Strich bei der Zahl 159 bleiben werde.

Erst vor wenigen Wochen hatten sich betroffene Mitarbeiter offen beklagt, dass TSB Leiharbeiter einstelle, "die die gleiche Arbeit machen wie wir, aber für den Arbeitgeber viel billiger sind." TSB-Geschäftsführer Ralph Naber sagte dazu: "Wir beschäftigen kaum noch Zeitkräfte."

TSB fertigt im Tiefdruckverfahren unter anderem massenweise Zeitschriften und Kataloge. Der Neuwerker Betrieb mit noch rund 400Beschäftigten arbeite mit Verlusten.

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