Neueröffnung: Dinieren im Dunkeln

Am 1. März öffnet „Four Senses“. Dort gibt’s Speis’ und Trank in völliger Finsternis.

Mönchengladbach. Wie ist es, wenn man nichts sehen kann? Wenn man sich ganz auf seine übrigen vier Sinne — Hören, Schmecken, Riechen und Fühlen — verlassen muss? Was für Blinde Alltag ist, können Menschen ohne Sehbehinderung ab dem 1. März in Mönchengladbach erleben. Denn dann eröffnet das Dunkelrestaurant „Four Senses“ (englisch für vier Sinne) im Königskarree an der Reyerhütterstraße.

Das Konzept: Die Gäste werden am Eingang in einer Schloss-Atmosphäre empfangen und müssen Lichtquellen wie Handys abgeben. Dann werden sie durch eine Schleuse an ihren Tisch geführt. Während des Essens erleben sie einen akustischen Tag am Meer mit Wellenrauschen und kreischenden Möwen. Zwischendurch erhalten sie Gewürze und Co. als Geruchsproben. Und weil das Essen mit Besteck in völliger Dunkelheit eine Herausforderung ist, gibt es ständig feuchte Handtücher.

Wem das Dinnieren im Dunkeln nicht liegt, der kann im hellen Raum Platz nehmen und dort ganz normal speisen. Dort sowie im dunklen Bereich stehen traditionelle und moderne Gerichte vom Schnitzel bis zum Gourmet-Steak auf der Speisekarte.

Gisela Hüsges-Schnabel ist Inhaberin dieses besonderen Restaurants und eigentlich gelernte Physiotherapeutin. Als die 52-Jährige aus Kempen bei einem Trip nach Berlin ein Dunkelrestaurant besuchte, war sie total begeistert. „Das ist eine einzigartige Erfahrung für die Gäste. Im täglichen Leben verlassen wir uns zu 80 Prozent auf unsere Augen. Wenn man plötzlich nichts mehr sieht, nimmt man den Geschmack von Früchten oder den Duft von Blumen plötzlich ganz anders wahr, und man hört auch intensiver“, erklärt sie.

Damit die Gäste im Dunkeln ohne Probleme bedient werden können, übernehmen blinde Menschen den Service. „Das ist eine einmalige Chance für Sehbehinderte, die sonst auf dem Arbeitsmarkt fast keine Chance haben“, sagt Hüsges-Schnabel. Fünf Köche und zehn Servicekräfte, acht davon mit einer Sehbehinderung, umsorgen und verwöhnen die Gäste im „Four Senses“. Auch in der Küche kann dank einer speziellen Technik ein Koch mit Sehbehinderung tätig sein.

Deshalb ist das Restaurant ein anerkannter Integrationsbetrieb und wird vom Landschaftsverband Rheinland gefördert. Eigentlich wollte Hüsges-Schnabel das Dunkelrestaurant in Düsseldorf eröffnen. Doch dort fand sie keine geeigneten Räume. „Das Gebäude im Königskarree ist nicht nur von der Fassade einladend, es gibt auch Parkmöglichkeiten für die Gäste. Und Gladbach hat eine tolle Anbindung an andere Städte“, begründet sie ihre Standortwahl.

Rund 250 000 Euro hat sie in den Umbau des rund 500 Quadratmeter großen Restaurants investiert. Die Möbel in den drei Räumen mit über 100 Plätzen können die Gäste bestellen oder sogar direkt kaufen.

Das Gefühl, sich in völliger Dunkelheit orientieren zu müssen, möchte Hüsges-Schnabel auch an Kinder vermitteln. Schulklassen können deshalb nach einem gesunden Frühstück auf einem Erlebnispfad lernen, sich auf ihre Sinne und auch auf andere Menschen, die sie führen, zu verlassen.

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