Mutter von Leo muss ins Gefängnis

Weil sie nicht eingriff, als der Vater das 19 Tage alte Kind tötete, muss sie für dreieinhalb Jahre in Haft.

Mutter von Leo muss ins Gefängnis
Foto: dpa

Das Urteil im ersten Prozess hatte für Aufsehen gesorgt. Seit gestern liegt im zweiten Verfahren gegen die Mutter von Baby Leo ein neues Urteil vor: Wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen und Missbrauch von Schutzbefohlenen durch Unterlassen hat das Mönchengladbacher Landgericht die 27-Jährige zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im ersten Verfahren 2016 war die Mutter des ermordeten Säuglings noch mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren davongekommen, während der Vater des 19 Tage alten Säuglings Leo wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war.

Gegen das Urteil der Mutter hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Das Urteil hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben und das Verfahren zur neuen Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Melanie W. musste erneut auf der Anklagebank Platz nehmen. In einem ausführlichen Plädoyer hatte Staatsanwalt Stefan Lingens den grausamen Tötungsfall geschildert und am Ende für Leos Mutter eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten gefordert. Der Vater des Kindes habe den 19 Tage alten Säugling in einer Oktobernacht 2015 aus Eifersucht und Frustration getötet. Der Mann habe den Sohn als Rivalen betrachtet. Er sei sich als fünftes Rad am Wagen vorgekommen, hatte Leos Vater im ersten Prozess erklärt. In der Nacht zum 21. Oktober 2015 habe er den schreienden Leo gequält, geschüttelt, mit dem Kopf auf die Tischkante geschlagen und sexuell missbraucht. „Das Schreien und Schlagen hat die Angeklagte gehört. Aber sie stellte sich schlafend und griff nicht ein“, war der Anklagevertreter überzeugt. Am anderen Morgen stellte das Ehepaar den Tod des Säuglings fest. Bei der Polizei hatte Leos Mutter zugegeben, die Schreie gehört, aber nicht reagiert zu haben. „Um des ehelichen Friedens bin ich einfach liegengeblieben“, soll sie gesagt haben.

Im Gerichtssaal hatte die Angeklagte beteuert , die Angaben bei der Polizei nur unter Druck gemacht zu haben. Doch der Staatsanwalt glaubte ihr nicht. Bei der Polizei habe es keine unzulässigen Vernehmungsmethoden gegeben. Nach Zeugenaussagen soll der Kindesvater dem Säugling bereits Tage vor der Tatnacht Verletzungen zugefügt haben. So erwies sich eine Lippenverletzung des Säuglings bei der Kinderärztin als Verbrühung mit einer heißen Milchflasche. Hämatome auf dem Körper des 19 Tage alten Kindes habe es bereits Tage vor der Oktobernacht gegeben, so die Aussage eines Rechtsmediziners.

Der Verteidiger glaubte seiner Mandantin. Bei der Polizei sei die 27-Jährige mit suggestiven Fragen verhört worden. Leos Mutter habe an dem Oktobermorgen an einen plötzlichen Kindestod geglaubt.

Aber das Gericht nahm der Angeklagten nicht ab, dass sie das Schreien des gequälten Kindes nicht gehört habe. Der Kammer-Vorsitzende Helmut Hinz ging in der Urteilsbegründung auf das stundenlange Martyrium des Säuglings ein. Sie müsse die Schreie des Kindes gehört haben, das Schlafzimmer sei schließlich vom Wohnzimmer nur durch eine dünne Wand getrennt gewesen, sagte er. Ein Kriminalbeamter, der mit einem Kollegen an dem Oktobermorgen zum Tatort gerufen worden war, hatte eine bedeutsame Aussage gemacht. Er stellte fest, dass die Türen zum Wohn- und zum Schlafzimmer verschlossen waren. Gleichzeitig hörte der Zeuge aus dem Schlafzimmer ein Gespräch des Ehepaares, das in normaler Zimmerlautstärke geführt wurde. Der Beamte erinnerte sich, alles verstanden zu haben.

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