Millionen-Grab Reme-Werkstätten

Die Stadt und ihre Tochterfirma EWMG werden von ihren Versäumnissen eingeholt. Jetzt will ein Investor Bares.

Mönchengladbach. Das riesige, größtenteils leer stehende Gebäude-Areal der früheren britischen Militärwerkstatt Reme - für die Stadt bzw. ihre Tochter EWMG wird es zum großen Problemfall. Und zu einem teuren dazu.

Der Eigentümer eines 66.000 Quadratmeter großen Alt-Reme-Bereichs, die Gladbacher Baugesellschaft DMP/Jessen, verlangt nun 2,86 Millionen Euro für die Beseitigung von Altlasten. Anlass der Forderung: In gültigen Verträgen habe sich die Stadt verpflichtet, für diese Sanierung finanziell aufzukommen.

Beteiligte sprechen unterdessen von "groben Versäumnissen" im städtischen Umweltamt (zuständiger Dezernent ist jetzt Bernd Kuckels, FDP) und des damaligen Stadtkämmerers bzw. späteren EWMG-Chef Manfred Nieland (CDU).

Als die Kommune 1994 die von den Briten aufgegebenen Werkstätten vom Bund kaufte, habe der sich bereit erklärt, mindestens drei Jahre für die Entfernung teils hochgiftiger Rückstände in Grund und Boden aufzukommen. Die Stadt ließ die Frist verstreichen, wenngleich bekannt gewesen sein dürfte, dass z. B. das Entfetten von Panzern oder das Entrosten von Panzerketten tiefreichende Spuren hinterlassen haben.

Reme-Zivilbeschäftigte, die damals wie mehrere hundert andere ihre Jobs verloren, berichteten zudem, dass beim Ölwechsel oder beim Auftanken "auch schon mal was übergeschwappt" sei.

Verwundert reagieren Oppositions-Politiker darauf, dass bei Verkäufen von Reme-Flächen durch die städtische Liegenschaft bzw. die Stadtentwicklungsgesellschaft EWMG (Zuständiger hier: Nieland) an die Füllstofffabrik CFF ein "deutlich niedriger" als der von der Stadt an den Bund überwiesene Quadratmeter-Preis kassiert wurde.

Mehr noch: Die Stadt gewährte den neuen Eignern in Sachen Altlasten eine Art Freifahrschein.

Wörtlich heißt es dazu in den Verträgen: "Die Stadt verpflichtet sich, CFF von den Dekontaminationsarbeiten freizustellen und die Arbeiten auf ihre Kosten ausführen zu lassen."

Nach für die Stadt ernüchternd ausgegangenen Prozessen beruft sich DMP/Jessen auf diese Vereinbarungen in den Grundstücksverträgen. Jessen nämlich erwarb die 66.000 Quadratmeter Hallen und Grundstücke von CFF/Rettenmaier und will hier ab 2009 so etwas wie einen Gewerbepark einrichten. Zudem gibt es Interesse einer benachbarten Firma. Ein Ventilatoren-Spezialist will, wie es heißt, expandieren.

Ob Jessen tatsächlich die knapp drei Millionen Euro aus der Stadtkasse erhalten wird, erscheint fraglich. Nach WZ-Informationen sieht man bei Stadt bzw. EWMG nicht ein, dass die Baufirma auch den Abriss einer Halle, die Auskofferung des verseuchten Bodens und den Hallen-Neubau in Rechnung stellt. Der Betrag insgesamt: immerhin rund 1,5 Millionen Euro.

An dem Rest der Sanierungskosten - etwa 1,4 Millionen Euro - werde die Stadt wohl nicht herumkommen. Joachim Bücker, Jessen-Mitgesellschafter und in der CDU aktiv, bestätigte der WZ zu einem früheren Zeitpunkt den Sachverhalt, mochte aber nur das sagen: "Ich glaube, dass wir bald zu einer Einigung kommen."

CFF wiederum gab seine Produktion vor vielen Jahren auf. Hier hatte es 1991 eine verheerende Explosion mit vier Toten und elf Schwerverletzten gegeben.

Derweil bemüht sich die Stadt um Schadensbegrenzung. Sie beantragte beim Land Fördermittel zu den Kosten der Altlasten-Sanierung. Nicht nur für ihren 71.000 Quadratmeter großen Reme-Komplex, sondern auch für den von Jessen. 80 Prozent Anteil solle NRW übernehmen.

Vor geraumer Zeit haben sich Architektur-Studenten Gedanken darüber gemacht, was mit dem Riesenareal passieren kann: Wohnen, Gewerbe-Park mit Werkstätten usw. lautet ihre Empfehlung.

Passiert ist nichts - auch und vor allem wegen des Problems mit Altlasten.

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