Mangel auf der Kanzel: Protestanten schließen erste Pfarrstelle

Die Protestanten müssen die erste Pfarrstelle streichen. Eine Entwicklung, die die Katholiken seit langem erleben.

Mönchengladbach. Priestermangel ist in der katholischen Kirche ein viel benutztes Wort, ein gesellschaftliches Problem und auch einer der Gründe dafür, dass sich in Mönchengladbach bereits viele katholische Gemeinden Pfarrer teilen müssen. Nun hat das Problem des Mangels auch die evangelische Kirche erreicht. In der ersten Gemeinde in der Stadt musste eine schwere Entscheidung getroffen werden. Allerdings nicht etwa, weil der Nachwuchs fehlt.

In der Kirchengemeinde Odenkirchen gab es bisher drei Pfarrbezirke und eben auch drei Pfarrstellen. Seit einem Jahr allerdings war eine dieser Stellen vakant. Pfarrer Rainer Jacobs ist damals in den Ruhestand gegangen, ein Nachfolger wurde nicht ernannt. Jetzt hat das Presbyterium offiziell beschlossen, die Stelle nicht wieder zu besetzen — es fehlen die finanziellen Mittel.

„Das liegt nicht mal so sehr an den Kirchen-Austritten, sondern viel mehr am demographischen Wandel“, erklärt Martina Wasserloos-Strunk, Öffentlichkeitsreferentin vom Evangelischen Kirchenkreis Gladbach-Neuss. Die Gemeindemitglieder würden älter und wer Rente bekommt, zahle keine Kirchensteuern mehr. „Das ist ein allgemeines Problem der evangelischen Kirchengemeinden — nicht nur im Rheinland.“

Pfarrerin Angelika Raff und Pfarrer Dietmar Jung teilen die Arbeit, so gut es geht, unter sich auf — bis zur endgültigen Entscheidung 2015. Dann werde noch mal geprüft. „Wir gehen aber nicht davon aus, dass es bis dahin ausreichend Geld gibt, um die Stelle neu zu besetzen“, sagt Wasserloos-Strunk. Bis dahin sollen aus drei Pfarrbezirken zwei Seelsorgebezirke werden und es könnte dann 2015 nur noch zwei Pfarrbezirke geben.

Was die bröckelnde Finanzlage angeht, sei Odenkirchen kein Einzelfall, sagt Wasserloos-Strunk. „Aber Pfarrstellen sind in Mönchengladbach vor dieser noch nicht weggefallen.“ So eine Entscheidung werde natürlich immer kontrovers diskutiert — so auch auf der letzten Gemeindeversammlung. „Die Mitglieder hängen sehr an ihren Pfarrstellen“, erklärt Wasserloos-Strunk. „So etwas ist natürlich nicht leicht, aber die Entscheidung haben alle akzeptiert und verstanden.“

Die Pfarrer wollen jetzt das Beste daraus machen. Superintendent Hermann Schenck sieht darin sogar eine Chance, Kirche neu zu gestalten. Genau wie Raff. Man könne jetzt nicht mehr alles als selbstverständlich nehmen, sagt sie. „Wir müssen genauer hinsehen und uns auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist. Wer weiß, vielleicht können wir so auch mehr Leute ansprechen. Wir sind schließlich alle die Gemeinde. Wir sehen das alles auch als Chance, selbst mehr zu gestalten.“

Für die Gemeindemitglieder soll die Veränderung jedenfalls möglichst wenig spürbar sein. „Wir wollen dafür sorgen, dass jeder einen festen Ansprechpartner hat, das ist den meisten sehr wichtig“, sagt Raff. „Wir müssen einfach enger zusammenrücken.“ Die beiden Pfarrer wollen außerdem jeweils ein Spezialgebiet betreuen.

In den katholischen Gemeinden ist das bereits seit Jahren ein Muss. Dort fehlt es an Priestern — aber auch am Geld. Allerdings ist die katholische Kirche bei den Finanzen anders organisiert.

Das Geld aus Steuereinnahmen fließt nicht wie bei den Protestanten direkt an die jeweilige Kirchengemeinde, sondern zum Teil in eine zentrale Finanzverwaltung des Bistums. Das bedeutet, die Seelosorge wird nicht von der jeweiligen Gemeinde vergütet, sondern zentral.

„Auch wir bekommen die Auswirkungen des demografischen Wandels und der Kirchen-Austritte zu spüren“, sagt Frank Seeger, Pastoralreferent im Bistum Aachen. Aber mit dem Finanzsystem das Bistums könne man ganz anders haushalten.

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