Kunst aus Müll und Dampf

Ab Sonntag werden Morris’ Gedanken zum Wesen der Skulptur gezeigt.

Mönchengladbach. Es ist kein Abfall, auch wenn die Skulptur aus solchem gemacht ist und entsprechend "Threadwaste - Fadenabfälle" heißt: das Werk von Robert Morris aus dem Jahr 1968, das in einer umfassenden Werkschau ab Sonntag im Museum Abteiberg zu sehen ist.

Und wie immer darf man die Kunst nicht anfassen, auch wenn es einen reizt, nachzufühlen, ob die unterschiedlichen Farben vielleicht auch unterschiedliche Struktur haben. Es reizt auch, sich darin zu suhlen, aber dann schrecken diese scharfkantigen Spiegel, die senkrecht darin stehen, den Besucher ab - das gleiche gilt für die Kupferrohre. Der Berg von Textilabfällen wabert durch den große Raum im Museum und würde sich wohl ins Unendliche ausdehnen, wenn er nicht durch die Wände begrenzt wäre.

Im Raum davor vier Spiegelwürfel und vor dem Museum "Steam" - jener Dampf aus dem Boden, der sich ausbreitet, dann wieder verflüchtigt und sowieso nicht mit Händen zu greifen ist.

Was ist also Skulptur für Morris? Dieser Frage will die Ausstellung nachgehen, die "Notes on Sculpture" heißt. Jeder Besucher erhält ein Heft mit Texten des Autors, die sich mit dieser Frage auseinandersetzen. "Material und Schwerkraft", steht in dem Beitrag über "Threadwaste". Dort steht auch, dass die Perspektive des Betrachters und die Verhältnisse des Ortes, an dem sie aufgestellt sind, von Bedeutung seien.

"Morris ist der Bezug zur Realität immer sehr wichtig", erklärt Museumsdirektorin Susanne Titz. Und das sei nicht selbstverständlich, denn vormoderne Skulpturen genügten sich annähernd selbst. In den Spiegelskulpturen werde der Betrachter auf sich selbst geworfen.

Morris hat auch früh Filme gedreht, in denen er - tänzerisch ausgebildet - auch selbst auftritt und mit einer Leinwand tanzt, anstatt das Modell auf der Couch zu malen. Seltsam, sehr seltsam. Und doch Skulptur. Es gibt einiges zu entdecken.

Morris ist im Übrigen kein Material-Fetischist. Die Textilabfälle in Gladbach sind nicht die selben wie damals im Jahr 1968, als sie das erste mal gezeigt wurden. Und für den Dampf von Steam sorgt eine Technik, die Gladbacher Heizungsbauer geliefert haben.

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