Kinderärztin des getöteten Leos sagt vor Gericht aus

Die Medizinerin sprach in ihrer Vernehmung davon, dass ihr das Verhalten von Leos Eltern bei einem Arzttermin merkwürdig vorkam.

Kinderärztin des getöteten Leos sagt vor Gericht aus
Foto: Raupold

Eine Mönchengladbacher Kinderärztin hat früh erkannt, dass es in der Familie des kleinen Leo Ungereimtheiten gibt. „Auf diese Familie müsse man achten“, soll die Medizinerin ihrer Helferin gesagt haben, nachdem Leos Eltern sie im Oktober vergangenen Jahres, wenige Tage vor dem Tod des Jungen, aufgesucht hatten. Angeblich, weil Leo Herpes an der Oberlippe habe. Auf Nachfrage gab der 26-jährige Vater gegenüber der Ärztin zu, dass die Verletzung an der Lippe davon herrührte, dass er den Säugling mit heißer Milch verbrüht hatte. Ärztin und Helferin sagten gestern beim zweiten Gerichtstermin im Schwurgerichtsprozess aus, in dem es um den Tod des damals 19 Tage alten Säuglings geht.

Der Vater des Säuglings muss sich wegen Mordes, Misshandlung von Schutzbefohlenen und schweren sexuellen Kindesmissbrauchs verantworten. Der Mutter (25) von Leo wirft die Staatsanwältin Totschlag durch Unterlassen vor. Der 26-jährige Vater, der den 19 Tage alten Säugling massiv misshandelt und am Ende dessen Kopf auf eine Tischkante geschlagen haben soll, bis er tot war, hat zwar ein Geständnis abgelegt. Ansonsten wollte er aber nichts sagen und den Prozess schweigend verfolgen. Die 25-jährige Angeklagte bestreitet, sich im Nebenzimmer schlafend gestellt zu haben, obwohl sie die Schreie des misshandelten Kindes gehört haben soll. So soll sie billigend in Kauf genommen haben, dass der Mann Leo tötet.

So war die Aussage der Kinderärztin, die eine Praxis in Mönchengladbach betreibt, von Bedeutung. Am 14. Oktober habe die Mutter von Leo in der Praxis angerufen und um einen Termin gebeten. Der Säugling habe Herpes. Zum Termin sei das Ehepaar mit dem Kind in die Praxis gekommen. „An der Oberlippe sollte Herpes sein, aber in dem Alter bekommen Kinder noch gar kein Herpes“, erklärte die Ärztin im Gerichtssaal. Auf ihre Rückfragen habe der Angeklagte dann zugegeben: „Das ist mir passiert. Ich habe Leo gefüttert. Da war offenbar die Milch zu heiß.“ Da habe sie den Eltern des ansonsten gepflegt wirkenden Säuglings mahnend gesagt, „so eine Verbrühung mit heißer Milch dürfe nicht noch mal passieren. Merkwürdig kam ihr das Verhalten der Eltern vor: „Ich hatte ein seltsames Gefühl. Der Vater zeigte weder Emotionen noch Schuldgefühl. Die Frau weinte, hielt ihm aber seltsamerweise nichts dergleichen vor wie: ,Warum hast du mir das nicht schon eher gesagt?’“, sagte die Ärztin im Gerichtssaal.

Gestern sagte auch noch ein 28-jähriger Freund des Angeklagten aus. „Wir trafen uns zum Kiffen, ohne unsere Frauen“, erinnerte sich der 28-Jährige. Der Angeklagte sei mit der Baby-Pflege völlig ausgelastet gewesen. Aber alles habe sich um Leo gedreht, soll sich der Angeklagte ihm gegenüber beschwert haben.

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