Heime: Dilemma der Pflege-Noten

Medizinische Dienste in der Kritik: Heimleiter wettern gegen Prüfungen.

Mönchengladbach. Eigentlich haben die Leiter der Mönchengladbacher Pflegeheime derzeit keinen Grund, um verstimmt zu sein: Ihre Häuser leisten meist gute Arbeit, wenn es um die Versorgung alter oder kranker Menschen geht.

Die Pflege-Noten der Medizinischen Dienste der Krankenkassen, die vor kurzem vereinzelt vergeben wurden, bestätigen diesen Eindruck. So erhielten das Katharinenstift Hardt eine 2,1, das Städtische Altenheim Eicken eine 1,3 und das Seniorenhaus Hindenburg ebenfalls eine 1,3.

Dennoch regt sich in den Gladbacher Pflegeheimen Unmut. Denn genau diese Pflege-Noten sind paradoxerweise kein Quell der Freude, sondern Anlass für jede Menger Ärger. Die Pflegeheime üben scharfe Kritik am Prüfverfahren, das der Benotung zugrunde liegt.

Helmut Wallrafen-Dreisow, als Geschäftsführer der Sozial-Holding zuständig für städtische Heime, zürnt: "Das Bewertungssystem ist Ausdruck von Bürokratie-Wahn."

Die Experten der Medizinischen Dienste würden zu starkes Gewicht auf die administrative Arbeit der Pflegeheime legen - sprich: auf schriftliche Protokolle und Dokumentationen, etwa zur Wundbehandlung, zu Mahlzeiten oder zu Freizeitaktivitäten. Dadurch würde die Realität verzerrt.

"Das Verfahren muss nachjustiert werden", fordert Wallrafen-Dreisow. "Es geht ums Prinzip." In seiner Rolle als einflussreicher Interessenvertreter will Wallrafen-Dreisow jetzt Stimmung auf der politischen Bühne gegen das Benotungsverfahren machen. Der Mönchengladbacher ist unter anderem Vorstandsmitglied der Bundeskonferenz zur Qualitätssicherung im Gesundheits- und Pflegewesen sowie Kurator im Kuratorium Deutsche Altenhilfe (KDA).

Dass die Pflege-Noten Auslöser für so viel Aufregung sind, kommt nicht von ungefähr: Sie haben eine große Aussagekraft. Für Angehörige von pflegebedürftigen Menschen sind sie ein wichtiges Kriterium, wenn es um die Wahl des richtigen Heims geht.

Vom Gesetzgeber waren sie erst im vergangenen Jahr nach erbitterten politischen Diskussionen eingeführt worden. Im Idealfall sollen sie eine objektive Bewertung der Pflege-Qualität sein. Auf Internetportalen der Pflegeversicherungen sind die Noten ablesbar. Bislang sind jedoch noch nicht an alle Heime Noten vergeben worden.

Wallrafen-Dreisow steht mit seiner Kritik nicht allein da. Waltraut Barwaßer, Leiterin des Seniorenhauses Hindenburg, ist zwar nicht generell gegen Pflege-Noten. Sie klagt aber: "Die Prüfung spiegelt wider, wie gut die Administration in den Heimen funktioniert." Heime, in denen Pfleger die Bewohner zwar gut versorgen, gleichzeitig aber "nicht gut schreiben können", kämen nicht so gut weg. Besonders in kleinen Heimen seien oft nicht genug Pfleger da, um die geforderte Büro-Arbeit zu leisten.

Die Medizinischen Dienste wehren sich gegen die Kritik. Friedrich Schwegler, Leiter des Fachbereichs Pflegeversicherung für die Region Nordrhein, fragt sich: "Wie sollen wir denn sonst prüfen, wenn nicht mit Blick auf schriftliche Dokumente? Ich warte auf Vorschläge."

Um jeden Heimbewohner persönlich zu fragen, hätten die Medizinischen Dienste nicht genug personelle und finanzielle Ressourcen. "Daher müssen wir unser Urteil aus Protokollen ableiten."

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