Glocken - Alte Schätze und neue Schönheiten

Die Glocken der Stadt stammen fast alle aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber es gibt auch eine von 1399. Die Größte hängt im Münster.

Mönchengladbach. Kirchenglocken wurden zu Waffen, so sah es aus während des Zweiten Weltkriegs. Auch die Mönchengladbacher Glocken wurden zu riesigen Glockenfriedhöfen wie in Hamburg oder im Harz transportiert, um je nach Alter und Bedeutsamkeit eingeschmolzen zu werden. „Alle Kirchen hatten ihre Glocken abzugeben“, erinnert der Glockensachverständige des Bistums Norbert Jachtmann an diese Zeit. Einzige Ausnahme: Wenn sie statt der Kategorie A, B oder C ein D erhielten.

Das waren im Gegensatz zu den jüngsten Glocken, also denen mit dem Buchstaben A, die „äußerst denkmalwerten Glocken“. Während ihre jungen Schwestern recht schnell eingeschmolzen waren, durften die D-Glocken in ihren Türmen bleiben, wo sie allerdings häufig Opfer von Bombenangriffen wurden.

In Mönchengladbach stammen 118 von rund 190 Glocken aus der Zeit nach dem Weltkrieg. Nur wenige überlebten an ihrem angestammten Platz oder kehrten von den „Friedhöfen“ zurück. „Noch heute kann man bei einigen die aufgemalten Kennziffern sehen, mit denen die Herkunft aus Gau, Kreis und Ort festgehalten worden war“, erzählt Jachtmann.

Einige der Glocken, die heute in Mönchengladbacher Kirchen hängen, fanden dort nach dem Krieg eine ganz neue Heimat. Diese sogenannten Leih- oder Patenglocken stammen aus den früheren deutschen Ostgebieten, so zum Beispiel in St. Albertus eine Glocke von 1710, die aus Rosenberg (Westpreußen) stammt, oder in Herz Jesu im Westend eine von 1601 aus Katschdorf (Schlesien). Juristisch gehören sie mittlerweile den Gemeinden.

So alt oder älter als diese beiden sind nur noch 15 andere Glocken in der Stadt. Die Älteste aus dem Jahr 1399 hängt in St. Laurentius in Odenkirchen. „Das ist ein tolles Geläut mit drei historischen Glocken aus drei Jahrhunderten“, ist Jachtmann begeistert. Von 1467 und 1637 stammen die beiden anderen „Alten“ aus dem Fünfer-Geläut. „Leider ist die Zeit vor 1945 in Bezug auf Glocken wenig erforscht.“

„Im Gegensatz zu anderen Städten gibt es auch kein Glockenbuch oder Ähnliches.“ Die Lücke versucht derzeit eine Internet-Datensammlung zu füllen, die von Jachtmann und Gerhard Hoffs geführt und ständig aktualisiert wird. Darin sind auch die größten und damit tiefsten Glocken zu finden. Es sind mit 4080 Kilogramm ein 1895 gegossenes Exemplar in St. Maria Rosenkranz und ein 4100-Kilogramm-Brocken von 1965 im Münster. Letztere ist die Vitus-Glocke, die mit ihren neun „Kollegen“ das größte Geläut der Stadt bildet.

Ab dem 13./14. Jahrhundert wurden Glocken, wie im Fall der Vitus-Glocke, mit einer Namensinschrift angefertigt. Sie wurden dabei oft nach dem Patron der jeweiligen Kirche benannt, also zum Beispiel im Münster, auch St. Vitus, die Vitus-Glocke. Im Rheinland beliebt waren auch Nikolaus und Martin.

„Die Glockennamen sind oft den Inschriften zu entnehmen“, sagt Jachtmann. So steht auf der Michael-Glocke in St. Mariä Himmelfahrt Meerkamp beispielsweise „Heiliger Erzengel Michael, rufe die Lebenden, geleite die Toten, führe alle aus dieser Zeit zur Ewigkeit“. Oder auf einer gestifteten Glocke der Herz-Jesu-Kirche in Bettrath aus dem Jahr 1892: „Herz-Jesu-Glocke heiß ich — des reinsten Herzen Liebe preis ich. Das Volk zum Lob des Herrn ruf ich — O, unser aller Herr erbarm dich.“ ok

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