Gladbacher Politiker sorgen sich wegen des AKW in Belgien

Das Atomkraftwerk Tihange ist wieder am Netz. Gladbach fällt in die sogenannte Fernzone.

Gladbacher Politiker sorgen sich wegen des AKW in Belgien
Foto: dpa

112 Kilometer liegen zwischen Mönchengladbach und dem Atomkraftwerk Tihange im belgischen Huy, das im März 2014 wegen großer Sicherheitsbedenken abgeschaltet worden war. Seit Montag ist der Reaktor wieder am Netz und die Empörung in Deutschland groß. Allen voran in Aachen, aber auch Politiker in Mönchengladbach sind besorgt.

Zum Beispiel Torben Schultz von der Fraktion Die Linke. Er vergleicht die Entscheidung in Belgien mit „russisch Roulette“. „Bei einem Fallout (radioaktiver Niederschlag) im AKW Tihange würde Mönchengladbach auch durch die atomare Strahlung betroffen sein“, sagt Karl Sasserath von den Grünen. Die parteilose sachkundige Bürgerin aus dem Umweltausschuss, Silvia Gutermuth, geht sogar noch einen Schritt weiter: „Wir sind unseres Lebens nicht mehr sicher.“

Natürlich gebe es Notfallpläne, sagt Schultz, „die allerdings sind nur in Teilen der Kommune bekannt“. Weil Strahlenschutz Bundesangelegenheit sei, erklärt Stadtsprecher Wolfgang Speen. Jodtabletten seien eingelagert, „wir haben spezielle Schutzanzüge und Messgeräte, um die radioaktive Belastung zu prüfen“, sagt Speen.

Mönchengladbach falle in die sogenannte Fernzone, „bei einem Störfall würden sofort Jodtabletten an unter 18-Jährige und Schwangere verteilt“, sagt der Stadtsprecher. Die Bevölkerung würde über Sirenen und Lautsprecherdurchsagen gewarnt. Im Gebiet westlich der A 61 würde die Stadt die Tabletten, die vor Schilddrüsenkrebs schützen, an alle Menschen unter 40 Jahre ausgeben und die Bevölkerung dazu aufrufen, im Gebäude zu bleiben. „Und frisch geerntete Lebensmittel sollten nicht mehr verzehrt werden“, sagt Wolfgang Speen.

Diese Maßnahmen reichen Gutermuth nicht. Vor allem die Informationskette ist ihr zu lang. „Belgien würde die Bundesregierung informieren, die wiederum die Landesregierung, von der Task-Force in Köln würde dann der Oberbürgermeister in Gladbach die Nachricht erhalten und der gibt sie weiter an den Katastrophenschutz der Stadt“, sagt die sachkundige Bürgerin.

Silvia Gutermuth, sachkundige Bürgerin im Umweltausschuss

An eine Evakuierung der Stadt will Gutermuth erst gar nicht denken, dabei betreffe das Gladbach inzwischen mehr denn je. „Die Strahlenschutzkommission hat ihre Empfehlung überarbeitet, den Evakuierungsradius von 100 auf 170 Kilometer ausgeweitet“, sagt sie. Eine Evakuierung in der Größenordnung sei außerdem kaum möglich, ergänzt Torben Schultz. Über mögliche Pläne will die Stadt sich nicht äußern. In einer Stellungnahme des Fachbereichs 37 (Feuerwehr) vom Mai 2015 hieß es, dass solche Pläne Verschlusssache seien, also geheim.

Gutermuth wünscht sich eine Übung, wie sie in Aachen stattgefunden hat, bei der Jodtabletten verteilt wurden. Auch die Grünen würden sich an solchen oder ähnlichen Aktionen beteiligen. „Wir dürfen aber auch keine Angst schüren“, sagt Torben Schultz von den Linken. Er hält solch ein Horrorszenario für kontraproduktiv, weil es die Menschen verunsichern würde.

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