Gladbach umarmt die Welt

300 000 Menschen feierten, als gestern der Veilchendienstagszug durch die Straßen zog.

Gladbach umarmt die Welt
Foto: Ilgner (2)/Reichartz (2)

So sieht es also aus, wenn jeder jeden umarmt, wenn alle alle umarmen, wenn Mönchengladbach die ganze Welt umarmt. Das Motto ist angekommen. Im Knuddeln und Bützen sind die Gladbacher Narren ohnehin ganz große Klasse — zumal am Veilchendienstag, wenn endlich, endlich d’r Zoch durch die Straßen ziehen darf. Darauf haben sie gewartet — nach einer langen Session. Und weil das Wetter mitspielte und mehr als 300 000 Jecken am Straßenrand ausgelassen feierten, machte es gestern besonders viel Spaß, mit Schmackes den letzten Tag des Karnevals zu zelebrieren.

Gladbach umarmt die Welt
Foto: Ilgner (2)/Reichartz (2)

Ein bisschen Geduld mussten alle Beteiligten allerdings anfangs haben. Wegen eines Achsenbruchs wurde der Start verzögert — allerdings nur um 18 Minuten. Der verspätete Beginn um 13.29 Uhr statt um 13.11 Uhr wird als „Spreewaldgurken-Vorfall“ in die närrischen Annalen eingehen.

Gladbach umarmt die Welt
Foto: Ilgner (2)/Reichartz (2)

Aber wie ist es möglich, gleichzeitig der Jeckenschar zuzuwinken, Kamelle zu werfen und die Welt zu umarmen? Ganz einfach: Man schafft sich ein zweites Paar Arme an. So lagen vierhändige Zweibeiner voll im Trend. Die Mitglieder der Fußgruppe von der Turnerschaft Neuwerk trugen Erdbälle auf dem Kopf, gehalten von den karnevalistischen „Einsatz-Armen“, mit den echten wurden Bützchen und Kamelle in die Menge ausgesandt. Andere Fußgruppen trugen den Globus vor dem Bauch, wieder andere hatten sich komplett damit umhüllt. Sehr schön! Und so umarmten Gladbach, Eicken, Venn, Kothausen und alle, alle die Welt.

Gladbach umarmt die Welt
Foto: Ilgner (2)/Reichartz (2)

Aber auch Kritisches gab es. Etwa die Abrechnung des Mönchengladbacher Karnevalsverbandes (MKV) mit den Vandalen, die kurz vor Beginn der Session in der Wagenbauhalle auf dem Reme-Gelände ihrer Zerstörungswut freien Lauf gelassen hatten. Ein traurig-zerfetzter Berliner Bär war auf dem Wagen zu sehen und ein abgestürztes und übel zugerichtetes Flugzeug. Die Hardter Landjugend war nicht nur echt laut, auf ihrem Wagen war der amerikanische Präsident Donald Trump beim Mauerbau zu sehen: „Früher Berlin, heute Mexiko“ — so lautete der Kommentar.

Gruppe für Gruppe, Wagen für Wagen passierte das Hofgefährt auf der Lüpertzender Straße, auf dem Prinz Norbert I. und Prinzessin Niersia Barbara mit viel Charme und echter Freude die Glückwünsche und Grüße der Narrenschar entgegennahmen — außerdem so manche Kamelle, manches Plüschtier und jede Menge Putztücher. Die Black Pearl der „Weltenbummler“ zog an ihnen vorbei, auch die Queen Mary von den Kliniken Maria Hilf. Alle Nationen des Erdballs waren im Veilchendienstagszug vertreten — auf Tausenden Globen und Millionen Flaggen aus aller Herren Länder.

Die Musik war spitze. Kapellen zogen zu Fuß mit und heizten den Zoch-Teilnehmern und den Zuschauern ein. Coco Branco, die begnadete Mönchengladbacher Percussion-Truppe, hatte gar einen eigenen Wagen. Der hielt unmittelbar vor dem Hofgefährt und brachte mit ausgelassenen Rhythmen Prinz und Prinzessin sowie das Kinderprinzenpaar und die Adjutanten in heftige Bewegung — bis der komplette Wagen schaukelte. Um Punkt 15.17 Uhr schloss sich der Wagen des Prinzenpaars dem närrischen Zoch an, und dann ging es weiter fünfeinhalb Kilometer durch die Stadt. Heftig schunkelnd, heftig bützend und heftig Kamelle werfend. Heftig die ganze Welt umarmend.

MKV-Chef Bernd Gothe zeigte sich nach dem Zug sichtlich zufrieden: „Die Menschen haben friedlich gefeiert, es war ein großes, tolerantes Miteinander zu spüren.“ Das Sicherheitskonzept habe gut funktioniert. 22 auf sieben Tonnen Gewicht gefüllte Container und Lkw waren dabei an den Einfallstraßen zur Innenstadt aufgestellt worden. Insgesamt waren fast 4300 Personen aus 34 Karnevalsgesellschaften im närrischen Zug unterwegs.

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