Gasexplosion am Siepensteg: Lebenslang für Sascha H.

Die Richter folgen im Prozess um die Gasexplosion in Hermges dem Strafantrag des Staatsanwalts.

Mönchengladbach. Als der Vorsitzende Richter Lothar Beckers das Urteil im Prozess um die Gasexplosion am Siepensteg verkündet, schluchzen einige der Zuschauer im Schwurgerichtssaal des Mönchengladbacher Landgerichts auf:

Die Angehörigen des Angeklagten Sascha H. hatten wohl auf ein milderes Urteil gehofft. Die Große Strafkammer erkannte jedoch auf Mord, versuchten Mord, Herbeiführung einer Gasexplosion und schwere Körperverletzung und verurteilte den Angeklagten zu lebenslanger Haft.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sich Sascha H. der Gefahr durch das im Raum befindliche Erdgas bewusst war und dennoch nicht eingriff, als sich Jasmin G. eine Zigarette anzündete. Mord durch Unterlassung, urteilte die Kammer.

Er sei zwar nicht zu aktiver Aggression fähig, habe aber in seiner Verzweiflung den Dingen einfach ihren Lauf gelassen. Der Ablauf der Tat stellte sich für das Gericht folgendermaßen dar:

Sascha H. ist an jenem Sonntag im März völlig verzweifelt, weil seine Freundin Jasmin G. die Beziehung zu ihm beenden will.

Er unternimmt einen ernstzunehmenden Selbstmordversuch, indem er das Gas aus der Heiztherme ausströmen lässt, um sich damit zu vergiften. Nach mehr als zehn Minuten bricht er den Versuch ab und schließt den Gashahn wieder.

Als Jasmin G. kommt, um ihre Sachen zu holen, beantwortet er ihre Fragen nach dem komischen Geruch in der Wohnung nicht. Diese Reaktion werten die Richter als Zeichen dafür, dass Sascha H. das Gas nicht etwa vergessen hatte.

Der 22-Jährige greift nicht ein, als Jasmin G. die Zigaretten hervorholt und rauchen will. Die Richter sind sich sicher, dass der Angeklagte die ganze Zeit Blickkontakt mit Jasmin hatte.

Schließlich sei für ihn, der die Beziehung ja weiterführen wollte, wichtig gewesen, zu sehen, wie sich seine Freundin verhält.

Das Entzünden des Feuerzeugs führt zu der Gasexplosion, die das Haus am Siepensteg zum Einsturz bringt und den Nachbarn des Angeklagten Karl-Heinz I. das Leben kostet. Jasmin G. und Sascha H. werden schwer verletzt.

Das Verhalten Sascha H.s nach der Explosion werten die Richter ebenfalls als Beweis dafür, dass ihn die Explosion nicht überraschte. Er läuft direkt zu Jasmin G., fragt sie, ob sie ihn noch liebe und bittet sie, ihn nicht zu verraten.

Dann schließt er das Ventil wieder, um die Spuren seiner Manipulation an der Gastherme zu beseitigen.

Positiv bewertete die Kammer das Geständnis des Angeklagten und seine gezeigte Reue. Sascha H. war während des Prozesses immer wieder in Tränen ausgebrochen, hatte beteuert wie Leid es ihm tue.

Schließlich, so hatte es Sascha H. versichert, sei der bei der Explosion ums Leben gekommene Karl-Heinz I. sein bester Freund gewesen. Der Verteidiger des Angeklagten hatte auf fahrlässige Tötung plädiert. Eine Revision wurde zugelassen.

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