Flüchtlingsrat: Keine Abschiebung

„Rein rechtlich“ müsste die Stadt 156 Menschen abschieben. Dass es anders geht, zeigen Nachbarstädte.

Mönchengladbach. Mindestens 156 Flüchtlingen droht zum Jahresende die Abschiebung, obwohl sie seit Jahren in Gladbach leben. Sie würden Opfer einer "Altfallregelung", die den Menschen aus dem Irak, dem ehemaligen Jugoslawien, aus der Türkei usw. erst einmal eine "Probeaufenthaltserlaubnis" einräumte.

Der Flüchtlingsrat Mönchengladbach e.V., dem rund 80 Mitglieder angehören, schrieb jetzt an die OB-Kandidaten für die Kommunalwahl am Sonntag. Darin appelliert der "Rat" an die Politiker, "allen von der gesetzlichen Altfallregelung Betroffenen und ihren Familien eine dauerhafte und menschenwürdige Lebensperspektive in Gladbach zu ermöglichen". Niemand dürfe abgeschoben werden.

Anzunehmende Reaktionen seitens der Politiker, man müsse ja abschieben, weil es die Gesetzeslage so vorschreibe, lässt Peter Vieten nicht gelten. Vieten, in der katholischen Kirche als Diakon engagiert und Vorsitzender des Flüchtlingsrates: "Nicht nur in Münster und Leverkusen haben die jeweiligen Stadträte das Abschieben der durch die Jahre zu faktischen Inländern gewordenen Flüchtlinge abgelehnt."

Bei den Betroffenen handelt es sich nicht ausschließlich um politische Flüchtlinge. Die seit August 2007 gültige Regelung ermöglicht es ihnen, quasi auf Probe zu bleiben. Bis zum Erhalt dieser Erlaubnis durften sie nicht arbeiten, sind folglich auf Sozialleistungen angewiesen.

"Die befristete Aufenhaltsgenehmigung läuft Ende 2009 aus. Verlängert wurde sie bislang nicht", sagt Gülistan Yüskel vom städtischen Integrationsrat. Der gilt als Sprachrohr für die in Gladbach lebenden Migranten. Die meisten der 156 Betroffenen seien aus Gründen wie Krankheit, fehlender Qualifikation kaum in der Lage zu arbeiten und damit den Lebensunterhalt selbst aufzubringen, sagt die SPD-Ratsfrau. Folglich würden sie "weggeschoben", was sie für "menschenunwürdig" hält. Yüksel: "Darunter sind Kinder, die hier aufgewachsen sind."

Vieten wie Yüksel sind sich einig: Der derzeit schwierige Arbeitsmarkt biete vielen der betroffenen Menschen "kaum eine Chance". Es bleibt in vielen Fällen bei der Abhängigkeit von Sozialleistungen.

Vieten: "Das Problem und die Brisanz des Themas sind allseits bekannt." Die Innenministerkonferenz habe zuletzt statt einer Regelung auf Vertagung gesetzt.

Der Flüchtlingsrat setzt bei der Lösung des Problems auf eine gemeinsame Aktion von Politik, Behörde, Kirchen, Schulen, Vereinen, Sozialverbänden. "Die kommunale Kompetenz und die gemeinsame Arbeit könnten zur Lösung führen", glaubt Vieten.

Ein Stadtsprecher sagt auf WZ-Anfrage: "Wir hoffen, dass sich die Rechtslage bis zum Jahresende ändert." Auch der Städtetag werde sich im Herbst mit dem Anliegen befassen. "Wir können die Rechtslage nicht kommentieren."

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