Filmproduzent Lehwald: „Manchmal ist es Roulette, ob ein Film erfolgreich wird“

Filmproduzent Martin Lehwald spricht über die Branche, seinen Filmhit „Oh Boy“ und die Heimat. Der 47-Jährige ist in Mönchengladbach aufgewachsen.

Mönchengladbach. Mehr als 30 Filme und Serienteile hat der in Gladbach aufgewachsene Martin Lehwald mit seiner Berliner Produktionsfirma Schiwago Film gedreht.

Der wohl bekannteste, „Oh Boy“, wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem sechsmal mit dem Deutschen Filmpreis.

Herr Lehwald, wo haben Sie die sechs Lolas hingestellt, die „Oh Boy“ gewonnen hat?

Lehwald: (lacht) Als Produktionsfirma kriegen wir die ja nicht alle. Der einzige, eben der für die beste Produktion, steht bei uns im Gang.

Ein gutes Gefühl, jeden Tag am Deutschen Filmpreis vorbei zum Schreibtisch zu gehen?

Lehwald: Ja. Nach acht Kinofilmen und 30 TV-Produktionen für einen Film so viele Preise zu gewinnen, macht einen schon stolz.

Warum wurde Hauptdarsteller Tom Schilling für den Film ausgewählt?

Lehwald: Bei unserem Film „Mein Kampf“ hat er bereits an der Seite von Götz George gespielt. Schilling ist ein Freund des Regisseurs Jan Ole Gerster, der über meinen Partner Marcos Kantis zu uns gekommen ist. Die Idee, die Rolle mit Tom zu besetzen, war so alt wie der Film selbst.

Wann merkt ein Produzent, dass er einen erfolgreichen Film an Land gezogen hat?

Lehwald: Schwer zu sagen. Ausschlaggebend dürfte der erste Eindruck bei Presse und Publikum sein. Im Fall von „Oh Boy“ hatten wir einen guten Start. Aber bis man Zahlen sieht, ist eine Prognose heikel. Selbst auf dem Reißbrett geplante Filme mit Topschauspielern können floppen. Und bei einem relativ geringen Budget wie bei „Muxmäuschenstill“ wurden wir von 350 000 Zuschauern überrascht. Manchmal ist das wirklich wie Roulette.

Ist das auf Dauer nicht belastend?

Lehwald: Unterschiedlich. Ich würde sagen, je höher das Budget ist, desto größer wird der Druck. Bei „Mein Kampf“ hatten wir 20 verschiedene Partner, die Geld gegeben haben — da schwitzt man vor dem Start schon etwas mehr.

Sind Sie auch deshalb Produzent, weil Sie alle Fäden in der Hand haben?

Lehwald: Ja, klar. Ich würde mich aber weniger als Produzenten, sondern eher als Filmemacher nach amerikanischem Stil bezeichnen. Dort entwickeln die Produzenten eigene Ideen. Vor allem sind sie Geschichtenerzähler, die ein Projekt behutsam aus der Taufe heben und die richtigen Partner holen.

Ist es schon passiert, dass Ihre Filme vor der Premiere im Netz zu sehen waren?

Lehwald: Leider ja. „Mein Kampf“ hatte im Internet etwa 1,5 Millionen Klicks, im Kino dann nur rund 10 000 Zuschauer. Auch „Bye Bye Berlusconi“ hatte mehr virtuelle Zuschauer als in den Kinos. Das ärgert einen natürlich.

An welchen Projekten arbeiten Sie zurzeit?

Lehwald: Bei uns laufen momentan 15-20 Projekte. Mein Partner Marcos bereitet eine Komödie mit Justus von Dohnányi vor. Noch in diesem Jahr möchte ich mit Regisseur Andreas Arnstedt und der Firma von Veronika Ferres einen Film drehen. Der Fernsehfilm „Donaukind“ für das ZDF, der in Rumänien gedreht wurde, hatte gerade Abnahme und geht im November auf Sendung.

Sind Sie eigentlich noch oft in der Heimat?

Lehwald: Immer mal wieder. Mindestens einmal im Quartal besuche ich meine Eltern, meine zwei Brüder und einen guten Freund. Je länger ich weg bin, desto größer wird mein fußballerischer Lokalpatriotismus (schmunzelt). Die Borussia verfolge ich in einer Kneipe in Berlin.

Wie würde ein Film über Gladbach aussehen?

Lehwald: Ach je, das ist schwierig. Ich würde gerne einen drehen, bin aber schon sehr lange weg. Die wachsten Erinnerungen habe ich an die aus heutiger Sicht sehr komischen 80er Jahre im sehr eigenartigen Soziotop Mönchengladbach.

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