Erinnerung an das Leiden

In der Citykirche gedachte man jetzt den Gladbacher Opfern der Nazi-Diktatur.

Mönchengladbach. Zunächst einmal sind es nur Zahlen: fünf Kommunisten, zehn Katholiken, 15 Protestanten, vier Zeugen Jehovas, 583 Juden, 527 Menschen mit geistiger Behinderung, 222 Zwangsarbeiter, drei Volksoppositionelle und zwei Einzelpersonen. Die Zahlen stehen für die mindestens 1.371 Menschen, die in Mönchengladbach als Mordopfer der Nazi-Diktatur zu beklagen sind.

39 wurden wegen ihrer religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung getötet. Die meisten sind Opfer der nationalsozialistischen Rassenideologie, wobei über die Anzahl der deportierten und ermordeten Sinti und Roma aus Gladbach keine Unterlagen existieren.

Am 27. Januar wird überall an die Befreiung im Konzentrationslager Auschwitz erinnern, er ist gleichzeitig der Tag des Gedenkens an alle Opfer des Nationalsozialismus. In Mönchengladbach hatte das Bündnis: „Aufstehen! — Für Menschenrechte — Gegen Rechtsextremismus“ aus diesem Anlass zu einer Feierstunde in die Citykirche eingeladen.

Bündnissprecher Ferdinand Hoeren erinnerte in seinem Vortrag an das Leiden der Menschen, die hinter den Zahlen stehen. Das Gedenken müsse eine Form des Erinnerns sein, „dass der Wiederholung entgegenwirkt“, forderte Hoeren darüber hinaus.

Es gäbe wieder verbreitet rechtsextreme Tendenzen in dieser Gesellschaft, beklagte das Bündnismitglied und rief dazu auf, diesen aktiv entgegen zu wirken: „Wir müssen erkennen, dass Menschenrechte und Demokratie keine Naturgesetze sind sondern, dass jede Generation in ihrem Land sie immer wieder pflegen und bewahren muss“, so Hoeren.

Für eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Deportierten am Mönchengladbacher Hauptbahnhof sprach sich Propst Albert Damblon aus. Vergessen könne kein Umgang mit der Katastrophe sein: „Erinnern holt das Leid der Opfer nach innen ans Herz“, so der Vertreter der Katholische Kirche.

Der evangelische Pfarrer Wolfgang Hess betete um Vergebung für die unter dem Naziregime begangenen Taten. Sein Gebet stammt aus der englischen Stadt Coventry, das durch deutsche Luftangriffe während des 2. Weltkriegs zerstört wurde, und ist ein Aufruf zur Versöhnung.

Mit sehr emotionalen Liedern brachten Mezzo-Sopranistin Nina Schneider und Pianistin Natascha Soboljva den Zuhörern Leid und Trauer musikalisch näher.

Dass hinter den Zahlen Einzelschicksale stehen macht der spontane Wortbeitrag von Maria Pongs deutlich. Als junge Frau sei sie von der SS aus Polen zur Zwangsarbeit nach Mönchengladbach verschleppt worden. Sie seien insgesamt sechs Mädchen gewesen, die kurz vor dem Abitur standen: „Von den anderen habe ich nie mehr etwas gehört“, erzählt die heute 86-Jährige.

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