Die stummen Mordzeugen ziehen um

5000 Beweisstücke für Straftaten liegen in der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums. Nun werden sie ins neue Polizeigebäude an der Krefelder Straße verlagert — ein Job, der höchste Sorgfalt erfordert.

Die stummen Mordzeugen ziehen um
Foto: Ilgner

Der Säbel sieht antik aus und könnte schon fast Ausstellungsstück eines Museums sein. Das ist er aber nicht. Der Säbel ist eine Tatwaffe. „Es kam zu einer Streitigkeit, dann hat der Mann plötzlich den Säbel geschwungen“, sagt Friedhelm Könkel. Er ist der Leiter der Asservatenkammer im Mönchengladbacher Polizeipräsidium.

Rund 5000 Beweisstücke für Straftaten liegen in den Räumen, in denen ganz früher einmal Gefängniszellen waren. Friedhelm Könkel kennt alle Stücke und die Geschichten dazu. Alles, was Eingang in die Asservatenkammer findet, ist wichtig. Es kann entscheiden über Freiheit, Geldstrafe oder Gefängnis. Und deshalb wird alles nummeriert und registriert?— in doppelter Ausführung festgehalten, schriftlich und per Computer. „Man muss schon ein Pingel sein, um hier zu arbeiten“, sagt Könkel. Und er ergänzt: „Ich bin zum Glück sehr pingelig.“

Im Moment ist besonders viel Akribie gefordert. Denn die Asservatenkammer zieht um. Im neuen Polizeipräsidium an der Krefelder Straße steht in modernen Räumen mehr Platz zur Verfügung. Bis jetzt lagerten die Beweisstücke im alten ehemaligen Polizeigewahrsam an der Theodor-Heuss-Straße alles war ordentlich eingetütet, in Regalen oder sicher in Safes untergebracht: Waffen, Kokain, Geld, Spirituosen, Pornos, Zigaretten, Computer...

Friedhelm Könkel, Leiter der Asservatenkammer

Den Kneipenkalauer „Mensch, hier kann man sich ja einen schönen Tag machen“ haben Friedhelm Könkel und sein Kollege Jürgen Krieger schon häufiger gehört. Das gleiche gilt für den Satz: „Ihr müsst immer gut drauf sein.“ Schon beim Eintritt in die Asservatenkammer ist der Haschischgeruch zu spüren. Krieger und Könkel haben sich daran gewöhnt.

Genauso wie an andere Dinge. Denn irgendwie ist eine Asservatenkammer auch ein Ort des Grauens. Eine Tasche mit Blutspuren, Urin- und Blutproben und noch andere Dinge, von denen man lieber nichts wissen möchte. Einen Blick in den Asservatenkammer-Kühlschrank werfen? Gruselig. Zum Beweismittel kann alles werden. Die Zigarettenkippe genauso wie die gestohlene Mikrowelle. Und jeden Tag kommt etwas Neues rein. „Vor vier Wochen hatten wir hier zwei Einkaufswagen stehen“, sagt Könkel. „Und im Tresor lagerten schon mal 240 000 Euro.“

Drogen und Waffen werden grundsätzlich vernichtet, wenn die Verfahren endgültig abgeschlossen sind. Andere Dinge, die von Wert sind, deren Besitz nicht strafbar ist und die nicht mehr zugeordnet werden können, können auch an gemeinnützige Vereine gespendet werden. Der komplett ausgestattete Cannabis-Aufzuchtpavillon, der ebenfalls in der Asservatenkammer landete, gehört nicht dazu. Ihn wird wohl das gleiche Schicksal ereilen, wie die Ecstasy-Pillen, die Streitaxt mit Totenkopf und die anderen 200 Pistolen und Gewehre, die größtenteils im Rahmen der Waffenamnestie abgegeben worden sind.

Die ältesten Beweisstücke sind bereits 15 Jahre alt und gehören zu einem ungeklärten Mordfall. Die Polizei hofft darauf, dass es irgendwann einmal einen DNA-Treffer gibt. Jünger sind die eingelagerten Schmuckstücke, die von einer albanischen Einbrecherbande bei mehr als 70 Taten gestohlen wurden. Der Fall ist geklärt, die Straftäter verurteilt, und viele Beutestücke konnten bereits den rechtmäßigen Besitzern zugeordnet werden. „Sie müssen jetzt nur noch ausgehändigt werden“, sagt Könkel.

Seit Beginn der vergangenen Wochen wurden in der Asservatenkammer die Umzugskartons gepackt. Die Spuren, die von Mordkommissionen gesichert wurden, werden nicht vom Umzugsunternehmen transportiert. „Dafür sind sie zu wichtig“, sagt Könkel. Polizeibeamte werden sie in die neue Asservatenkammer bringen.

Bis dahin werden Jürgen Krieger und Friedhelm Könkel weiter packen. „Ganoven scheren sich nicht darum, dass wir gerade umziehen. Sie machen weiter“, sagt Krieger.

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