Die Mörder und ihre Mission

Den deutschen Krimi fördern, das sollen die Glauser-Preise. Ihre Vergabe war der Höhepunkt der Criminale am Niederrhein.

Mönchengladbach. Mehrere hundert Giftmischer, Meuchelmörder und Serienkiller — und dazwischen ein Polizei-, ein Landgerichtspräsident und ein Oberbürgermeister. Das sind keine italienischen Verhältnisse, sondern der Ausklang des größten deutschen Krimifestivals — und die Verbrecher töten nur am Schreibtisch.

Von Mitarbeitern in Mafioso-Monturen, Blumendeko in blutigen Vasen und anderen liebevoll erdachten Details wurden die Gäste der großen Abschluss-Gala zur 25. Criminale am Niederrhein am Samstagabend willkommen geheißen.

Für die Schriftsteller war dieser „Tango Criminale“ in der Mönchengladbacher Kaiser-Friedrich-Halle der festliche Abschluss ihres Festivals mit über hundert Lesungen und anderen Veranstaltungen in der ganzen Region und dabei 10.000 Besuchern. Für Krimi-Fans war es die Gelegenheit, sich unter die Autoren zu mischen und vielleicht sogar ins Gespräch zu kommen.

Doch der „Tango Criminale“ ist auch für 21 kreative Köpfe das Ende monatelangen aufgeregten Wartens. Der wichtigste deutsche Krimi-Preis, der Friedrich-Glauser-Preis, wird hier vergeben. „Der wichtigste, weil wir ihn vergeben: die Autoren.

Und welch’ kritischere Leser könnte es geben, als aus der eigenen Zunft“, eröffnete Thomas Hoeps, Kopf des Criminale-Organisations-Teams „Soko Niederrhein“ und selbst Krimi-Autor, die mit Spannung erwartete Vergabe des „Oscars der Krimiliteratur“, einer Skulptur eines schwarzen Handschuhs.

Mit Kurzfilmen zu allen Nominierten der Kategorien Roman, Debüt, Kurz- sowie Kinder- und Jugendkrimi stieg die Spannung, die sich — Hollywood ließ grüßen — im Öffnen eines geheimnisvollen Umschlags entlud. Und für alle, die wissen wollten, von was sich die Juroren hatten begeistern lassen, war da noch diese Stimme.

Diese tiefe, rauchige, unverwechselbare Stimme von Schauspielerin Mechthild Großmann, vielen besser bekannt als nikotinsüchtige Staatsanwältin aus den Münster-„Tatorten“, erfüllte die ganze Halle von ihrem kleinem Sitzplatz in einem überdimensionalen Buch mit Spionage-Geheimfächern.

Beim Hauptpreis, dem „Glauser“ für den besten Roman, ließ die Videoleinwand-Präsentation der Nominierten kaum Zweifel offen. Jubelrufe durchzogen die Stuhlreihen, als Kurt Palms „Bad Fucking“ im Kurzdurchlauf gezeigt wurde. Und so war das Publikum mehr als zufrieden, als der Österreicher (56) den mit 5.000 Euro dotierten Preis in Händen hielt.

Horst Eckert, Juror und Laudator und Krimi-Autor aus Düsseldorf, lobte dessen Buch „voller Verbrechen und skurriler Vorkomnisse“. „Palm spitzt zu, wo er nur kann, baut Spannungsbögen bis zum furiosen Ende. Die Jury hat ,Bad Fucking’ geliebt. Friedrich Glauser hätte es auch getan.“

Palm dankte artig und mit dem Hinweis, dass sein Verleger „eigentlich ein Buch über Grillparzer wollte“. Zum Glück habe er „beim Schreiben keine Sekunde an eine Nominierung gedacht, sonst hätte ich ein anderes Buch geschrieben und das wäre sicher nicht nominiert worden“.

Wesentlich weniger überrascht über seine Ehrung war der Bremer Schriftsteller Jürgen „Ali“ Alberts. Jahrgang: 1946. Markenzeichen: weißer Hut. Und das nicht nur, weil im Fall des „Ehrenglausers“ für Verdienste um die deutschsprachige Krimi-Literatur der Preisträger schon vorab feststeht.

„Ein großes Lob für die Jury“ hatte Albertsparat, „sie hat den richtigen ausgewählt.“ Er sei aber schon gerührt gewesen, als er im Februar erfahren habe, dass er den „Ehrenglauser“ erhalte, „weil ich seit Jahren gedacht habe, ich hätte ihn verdient“. Und die Hoffnung aufgegeben hatte.

Laudatorin Alexa Stein nannte „erstaunlich, was alles unter den Hut passt“: Charme, Ehrgeiz, Engagement, Kreativität, ein Schuss kriminelle Energie. „Er war und ist eine tragende Säule des Syndikats und engagiert sich regional, national und international für deutsche Autoren.“ Nach anhaltendem Applaus des Publikums im Stehen ließ es sich Alberts nicht nehmen, wie üblich, gemeinsam mit seinem Kollegen Rolf Kramp zum Abschluss der Gala „Hernando’s Hideaway“ zu intonieren.

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