Der Verzweiflung entgegengelächelt

Esther Keil brilliert als Hauptfigur in dem Stück „Everything beautiful“ am Gemeinschaftstheater.

Der Verzweiflung entgegengelächelt
Foto: Stutte

Es fließt Blut. Viel Blut. Aus Schuh, aus Nase, aus Oberschenkel. Ja, das Lächeln wird alsbald vertrieben sein, obwohl Cookie, intensiv gespielt von Esther Keil, ständig dazu auffordert. Vor allem sich selbst: „Showtime! Lächeln!“ Als Vertreterin für Kosmetikartikel ist sie unterwegs, putzt Klinken, wird ignoriert, weggeschickt. Ihr Umsatz ist katastrophal. Sie läuft sich die Hacken wund, schüttet das Blut aus den Schuhen in den Gully. Sie ist in die Jahre gekommen. Und im Laufe des bösen Spiels verliert sie nicht nur gelegentlich die Contenance, sondern auch Teile ihrer Kleidung und zum Schluss sogar Augenlicht und Haupthaar. Arme Cookie, verzweifelte Cookie, aber immer wieder kämpferische Cookie. Aufgeben gilt nicht, das hat ihre Mutter ihr eingebläut.

Christoph Roos hat Noah Haidles Schauspiel „Everything beautiful — Für immer schön“ für das Gemeinschaftstheater inszeniert. Der Bühnenboden steigt schräg nach hinten an. Eingelassen sind die Türen mit Klingel und Spion. Cookie quält sich immer und immer wieder mit ihrem Kosmetik-Rollkoffer hinauf, müht sich ab, um auf ihr immer gleiches Sprüchlein abgewiesen zu werden. In ihr Revier dringt ihre ehemalige Schülerin Heather (Carolin Schupa). Verächtlich und arrogant macht sie sich über die ehemalige Lehrmeisterin lustig. Spottet über ihr Alter, das Aussehen. Im Kampf sticht Heather Cookie mit einer Nagelfeile ins Bein.

Derartig gedemütigt, aber weiterhin lächelnd, macht Cookie den noch kindlichen Dan (Paul Steinbach) an, bekommt ein Kind. Als sie Dan als jungen Mann wiedertrifft, liegt Töchterchen Dawn im Kinderwagen, und Dan ist mit Heather verheiratet. Cookie überlässt den beiden ihr Baby. Die Situation spitzt sich zu. Wird dramatisch. Die Zuschauer im Theater werden zunehmend ruhig, lachen allenfalls erleichtert, wenn sich kurz eine Gelegenheit bietet. Für die sorgt in der Regel Paul Steinbach.

Bitterböse wird es, als die jugendliche, inzwischen drogenabhängige Dawn (Anna Pircher) Dan und Heather entflieht und von Cookie auf den Beruf der Handelsreisenden vorbereitet wird. Das von ihrer Mutter erzwungene Lächeln gerät zur Fratze. Das verzweifelte Mädchen nimmt sich das Leben. Cookie kann sich keine angemessene Beerdigung leisten. Sie zieht weiterhin von Tür zu Tür, alt geworden, müde, aber unbeugsam. Sie schiebt ihren Rollenkoffer und zieht die tote Tochter an einem Strick hinter sich her.

Leistungsdruck, Durchhaltevermögen, Geschwindigkeit: Das sind die Themen, die das Stück so aktuell machen. Cookie lebt ihr Leben unbarmherzig, egal, wer oder was sich ihr in den Weg stellt. „Showtime! Lächeln!“, so motiviert sie sich beständig selbst. Es ist zum Heulen. Aufhalten möchte man sie, zur Ruhe zwingen.

Als ehemalige Freundin Vera tritt Eva Spott beeindruckend in Szene. Und dann ist da noch der Generalintendant des Theaters, Michael Grosse, der als Mr. Ogilve den zweiten Mann Heathers spielt. Mit Trump-Fiffi auf dem Kopf und Gel auf den Lippen zeigt er sein komödiantisches Talent.

“ Nächste Vorstellungen: 12., 18. und 22. April sowie im Mai, Juni und Juli. Tickets reservieren unter Tel. 02166/6151100 und im Internet unter www.theater-kr-mg.de.

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